Mittwoch bis Montag ab 17 Uhr
Küche bis 22.30 Uhr
Hoffgarten
Schloßstraße 60
14059 Berlin-Charlottenburg
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Es hat sich schnell herumgesprochen, dass es unweit des Charlottenburger Schlosses endlich ein neues Speiselokal gibt. Eines, das dem Vorgänger Le Piaf alle Ehre macht. Nach zwanzig Jahren französischer Küche geht es an der Schloßstraße nun im Hoffgarten regional zu. Seit Mitte Mai wird gnadenlos deutsch gekocht. Und das im besten Sinne.
Chef und Gastgeber Christian Wemhoff zeigt, wie Rezepte von der Ostsee bis zu den Alpen Spaß machen, wenn sie modern auf dem Teller landen. Erst recht, wenn man jeden Lieferanten kennt und selbst vorbeifährt, um etwa den geflämmt servierten Matjes bei einer Freundin in Greetsiel an der Nordsee zu holen. Oder für Rinderschmortopf und Rinderbrust einen Metzger-Kumpel im Sauerland besucht, um als Nose-to-Tail-Vertreter fast das ganze Tier in die Hoffgarten-Küche zu bringen und dort zu zerlegen.
Es ließen sich auch schelmische Absichten vermuten: Auf den drei Speisetafeln, die auch ohne Corona-Sicherheitsmaßnahmen an den Tisch getragen werden würden, steht eine "Iberico-Schinkenplatte mit Blut- und Leberwurst". Eigentlich in Spanien verortet, leb(t)en diese glücklichen Schweine jedoch in Münster. Ein Freund von Wemhoff züchtet sie auf einem weitläufigen Gelände.
Fisch und Fleisch sind bei der kleinen Karte mit fünf Vorspeisen, vier bis fünf burschikosen Hauptspeisen und vier Desserts ein genussvolles Muss, aus dem man auch ein Menü komponieren kann. Alle zehn Tage wechselt das eine oder andere Gericht, so dass sich die Karte organisch weiterentwickelt.
Ein Klassiker, der hier seine ganze Pracht entfaltet, ist das Tatar: à la minute geschnitten und zusammen mit einem Wachtelei in der Schale serviert, präsentiert es sich auch als optischer Genuss. Die Fleischeslust ist jedoch nur ein Teil des Konzepts. Die Küche hat ebensolche Freude an Gemüse- und Kräuterspielereien. Die passen bestens auf die frisch renovierte und schön bepflanzte große Vorgarten-Terrasse.
So ist das pochierte Ei im Glas mit Spinat, Pilzen und einer extravaganten Traubensoße grüner Sommer pur. Die mit Roter Bete gefüllten Teigtaschen, die sich in einem Bett aus Sellerie, Kohlrabi und Pilzen aalen, zeigen als vegetarischer Hauptgang die Eigenständigkeit der Gemüseküche im Hoffgarten.
Auch das Zusammenspiel von Fisch und Grünzeug funktioniert bestens. So etwa beim bereits erwähnten Matjes mit Lauch-Apfel-Salat, der von der jungen, entzückenden und gutlaunigen Kellnerin am Tisch mit einer Gurkenkaltschale angegossen wird. Der Fisch kann somit schwimmen und der Gast sich am Spiel von Süße und Säure, das sich auch in anderen Gerichten wiederfindet, erfreuen.
Christian Wemhoff ist gelernter Hotelkaufmann aus dem Westfälischen. In Köln hat er einen Burgerladen betrieben, eine Veranstaltungsagentur geleitet und bei privaten Events für bis zu 100 Personen gecatert. Vor der Eröffnung des Hoffgartens absolvierte er, um Wissen und Handgriffe zu reaktivieren, ein Küchenpraktikum in der allseits beliebten Brasserie Lamazère am Stuttgarter Platz.
Er ist nicht nur Inhaber und das Gesicht des Hoffgartens, sondern auch aktiv im Service unterwegs. Dabei hat er sich den Spitznamen "Wandelnde Weinkarte" eingeheimst. Kein Wunder bei rund 120 deutschen Weine, davon 20 offen, allesamt verkostet und persönlich ausgesucht.
Potential hat der Hoffgarten auch als Weinbar. Ein Cremant von der Mosel, ein Glas Chardonnay vom Weingut Sander aus Mettenheim in Rheinhessen oder ein Weißburgunder von Lützkendorf aus Saale-Unstrut zur Iberico-Schinkenplatte sind die deutsche Antwort auf die italienische Aperitivo-Kultur.
Mit einem Käsekuchen nebst Blaubeeren und einer Auswahl vom Käse-Enthusiasten Fritz Lloyd Blomeyer, der nur deutsche raffinierte Käse im Sortiment hat, bestätigt die Begeisterung. Diese gebührt übrigens auch der Entwicklung des Umfelds: Vis-à-vis der italienische Platzhirsch Don Camillo, nebenan die Eselin von A. und nun der Hoffgarten – das könnte der Beginn eines neuen kulinarischen Mikrokosmos sein.