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Aerde Auf einem Spaziergang durch die Saison

Mittwoch, 03. Mai 2023
Advertorial
Karte

Öffnungszeiten

Dienstag bis Samstag 18-23 Uhr

Adresse

aerde restaurant
Am Lokdepot 6
10965 Berlin-Schöneberg
.Anfahrt planen

Kontakt


+49 30 769 099 80
.www.aerde.de

Preisniveau

Nomen est omen. Das tonerdenfarbene Rot der Wände im eigentümlich gestalteten Schöneberger Lokdepot lässt einen unmittelbar an einen Spaziergang durch den Wald denken. Die Mitte des größten Tisches, der fast Tafelausmaße hat, ziert tiefgrünes, samtiges Moos und verstärkt den Eindruck eines Ausflugs ins Umland. 20 Personen finden im gut gefüllten Raum einen Platz, das Stimmengebrabbel weckt familiäre Gefühle. 

Diese werden noch verstärkt durch die herzliche Begrüßung mit einem wärmenden Becher Tee sowie angewärmten Handtüchern – eine äußerst behagliche Geste des Willkommenheißens. Beinah vergisst man da, dass das Restaurant Aerde gerade erst eröffnet hat und man hier nicht schon seit Jahren ein- und ausgeht. Tatsächlich aber hat das selbsternannte Research Restaurant, das geneigte Genießer*innen gegebenenfalls bereits vom letztjährigen Popup auf dem Kollwitzmarkt kennen, just im März eröffnet.

Beim Menü stehe man daher noch am Anfang, erklärt uns Geschäftsführer und Chefkoch Justus Will. Viele der Garums und Fermente, die er und sein Team selbst herstellen, bräuchten einfach ihre Zeit erläutert er: „Hinsichtlich der Produkte, die wir irgendwann mal auf die Teller bringen wollen, sind wir gerade vielleicht bei 10 Prozent". 

Überhaupt: Das Selbstherstellen wird hier groß geschrieben. In der Testküche im brandenburgischen Wendisch-Rietz werden neue Kreationen erprobt, immer inspiriert und basierend auf den Zutaten, die der umgebende Wald hergibt. Heißt auch: „Wir kochen hier oben (Anmerkung: die Küche liegt im oberen Galerieteil des Restaurants) ohne Zitrone, Kaffee, Olivenöl, Pfeffer... Ziel ist es, die Aromen aus Brandenburgs Wäldern, Wiesen und Felder auf die Teller zu bringen.“ Besonders beeindruckt und inspiriert hätten Justus in dieser Hinsicht ein paar Wochen der Arbeit im Rutz.

Umgebend ist also das zweite Stichwort: Regionalität ist im Aerde Mantra Nummer eins. Justus und sein Team bedienen sich an den Aromen der Umgebung, ausnahmsweise wird der Einzugsbereich auch mal auf ganz Deutschland ausgedehnt, wenn es denn sein muss. Aber die Rückbesinnung auf die Region ist zentrales Element der Küche und soll in Zukunft nur noch verstärkt werden, wenn der Anbau und die Herstellung eigener Produkte ausgedehnt worden ist. 

Aerde I Raago I 2
Aerde I Raago I 1
Aerde I Oliver Helbig I 3
Aerde I Oliver Helbig I 7
Aerde I Oliver Helbig I 4

Das Wichtigste ist und bleibt aber natürlich auch hier im Restaurant, was auf den Tisch kommt, in unserem Falle als 6-Gang Menü für 89 Euro. Und da überzeugt uns schon das Amuse-Gueule, eine ausgebackene Tartelette mit Gemüsetatar, in optischer wie gustatorischer Hinsicht.

Auch die darauffolgende Vorspeise macht Eindruck. Sellerie mit Beurre Blanc und Schnittlauch schmeckt nach dem langsam ausklingenden Winter, in dem sich die ersten Sprossen langsam durch den kalten Boden recken. Aber zum Glück haben wir ja diese Beurre blanc, die es uns wohlig warm ums Herz macht.

Hervorragend gefallen uns auch die nachfolgenden Gänge, sei es der Saibling mit Buttermilch und in selbstangesetztem Garum eingelegten und danach dehydrierten Saiblingskaviar, der Blumenkohl mit Eigelb und schwarzer Schalotte oder die Kartoffelgnocchi mit Bärlauch und schwarzem Knoblauch. Allen gemein ist, dass sie vor intensiven Aromen nicht zurückschrecken, darüber aber ihre Balance nie verlieren. Und sie stehen alle mit einem Bein noch im Winter, mit einem Bein schon im Frühling. April ist draußen, April ist es auf dem Teller. 

Nach der wohlig-intensiven Kartoffel-Bärlauch-Knoblauch-Kombination kommt uns das Wildkräuter Granité gerade recht, um unsere Geschmacksknospen für den Hauptgang zu erfrischen. In der omnivoren Variante gibt es Lamm mit Chicoree und Douglasie, besonders letztere überrascht mit einer erdigen Orangennote, die dem Gericht eine sehr besondere Note verleiht. Das vegetarische Pendant ist ein Pilz mit Leinsamen und Zwiebeln, der vor Umami nur so strotzt. 

Das komplette Menü wird von einer Wein- (45-60 Euro) oder alkoholfreien Begleitung (52 Euro) komplementiert. Besonders letztere etabliert sich sofort herausragend gut, ist sie doch nie zu süß und bietet immer ein besonderes Element, das den jeweiligen Gang geschmacklich ausweitet und sich so von vielen anderen alkoholfreien Begleitungen abhebt. 

Den Nachtisch, Rhabarber mit Ziegenkäse und Rübensirup, lassen wir natürlich nicht aus, er überzeugt mit einem perfekten Salzigkeitslevel, das den Rhabarber gelungen in Szene setzt, und einer angenehmen Süße, bei der man sofort merkt, dass sie nicht von raffiniertem Zucker herrühren kann. 

Und so endet unser Streifzug durch die Wälder Brandenburgs mit einem Grappa als Absacker, der natürlich nicht aus italienischem Traubentrester gemacht ist, sondern aus Kräutern der Umgebung. Eine ungewöhnliche Idee, die aber zeigt, dass sich Rohstoffe aus der Ferne sehr gut durch hiesige ersetzen lassen. Man muss sich nur zu helfen wissen.

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