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Berliner Lieblingsorte von 3-Sternekoch Marco Müller

Sonntag, 15. März 2020

Die Orte im Überblick

Karte (10)

Gerade hat das Rutz Restaurant einen wohlverdienten dritten Stern erhalten. Ein für Berlin einzigartiges Ereignis, das uns ganz besonders freut und das wir zum Anlass nehmen möchten, unser beinahe drei Jahre zurückliegendes Interview mit dem langjährigen Küchenchef des Rutz noch einmal in Erinnerung zu rufen.

Und wo sonst, als in seiner langjährigen Wirkungsstätte dem nunmehr 3-Sternerestaurant Rutz, hätten wir Marco Müller damals treffen sollen... Auf Barhockern sitzen wir am Fenster der Weinbar des Restaurants beisammen und der gebürtige Potsdamer beginnt zu erzählen. Draußen wechselt das Wetter, wie die Stationen seines Lebens.

Er sei zunächst am Heiligen See in Potsdam und dann im nahe gelegenen Geltow groß geworden. Bis heute liebt er das Wasser und die Nähe zur Natur. Der Garten hinterm Haus sei ein Paradies gewesen. Jede Menge Obst und Gemüse wurde dort angebaut sogar ein Spargelbeet gab es.

Erdbeeren pflücken, Fische angeln, das sind seine Kindheitserinnerungen. "Angelteig" sei das Erste gewesen, das er in der Küche zusammengerührt habe bis es optimal war. Es folgte "der fluffigste Eierkuchenteig" und den Kaiserschmarrn hätte er gefühlt ein zweites Mal erfunden, so lange hätte er experimentiert bis er mit dem Ergebnis zufrieden war.

Ein Perfektionsanspruch, der bis heute Müllers Küche bestimmt und ihn an die Spitze brachte. Dabei hätte er eigentlich Kunst studieren wollen, erzählt er. Aber die DDR habe ihn nicht zum Abitur zugelassen. Er war sehr offen erzogen worden und hatte vielleicht einmal zu viel einen saloppen Spruch auf den Lippen gehabt.

Seine Eltern, eine technische Zeichnerin und ein Projektierer, hätten ständig am Reißbrett gestanden oder gezeichnet. Immer seien Freunde zu Besuch gekommen, überwiegend Künstler und Intellektuelle. Auch er selbst habe gerne gemalt. Aber auch Geschichte habe ihn interessiert und Sport sowieso. Volleyball. Handball. Fußball. Kanufahren.

Überhaupt hätten ihn seine Eltern alles ausprobieren lassen. "Nur das Saxophonspielen nicht", erinnert er sich. Sogar Klamotten hätte er sich mal gemeinsam mit seinem Bruder genäht. Auch das Kochen sei schon immer ein Thema gewesen und als es mit dem Abi nicht klappte, hätte er sich daher spontan für eine Ausbildung zum Koch entschieden.

In einer HO-Gaststätte lernte er und wechselte dann in den Potsdamer Klosterkeller. Damals sei alles noch standardisiert gewesen. Jeden Tag habe er dort das Gleiche gemacht. Dann fiel die Mauer und er habe sich sofort "rüber gemacht". Früher oder später hätte er eh abhauen wollen, sagt er. Über Ungarn.

Nie werde er die Stimmung in der Zeit vergessen. "Wie die Chance auf ein zweites Leben" sei ihm das vorgekommen. "Eine unglaubliche Stimmung!" Sein Begrüßungsgeld habe er in der Feinkostabteilung des KaDeWe ausgegeben und sich dann schnurstracks einen Job im Westen gesucht.

Das Schlosshotel im Grunewald nahm ihn. Viele Lebensmittel habe er dort überhaupt erst kennengelernt und all sein Geld sei in Fachliteratur geflossen. "Ein unfassbarer Input war das damals für mich!" Auch im Kempinski Grill und im Restaurant Zum Hugenotten habe er alles aufgesogen wie ein Schwamm.

Danach ging es in den Bamberger Reiter, wo er die Sterne Gastronomie für sich entdeckte, gefolgt vom Grand Slam bei Johannes King im Tennisclubs Rot-Weiß, wo er mit Wildkräutern und Blüten zu arbeiten begann, dem Alten Zollhaus und dem Schlosshotel Bühlerhöhe-Restaurant Imperial im Schwarzwald, wo man ihm den Posten des Chefkochs anbot. – Nach drei Jahren kam er zurück nach Berlin.

Es folgten das Restaurant Harlekin im Hotel Esplande und das Schloss Hubertushöhe in Storkow. Einmal habe er sich ein halbes Jahr eine Auszeit genommen, um bei Arabern, Japanern und Chinesen zu kochen: "Ich wollte herausrausfinden, wie sie mit Produkten umgehen und ihr Handwerk im Original ausüben", so Müller. Mit Lars Rutz begann er derweil von einem neuen, zeitgemäßen Restaurant-Weinbar Konzept zu träumen.

Das realisierten wenig später Anja und Carsten Schmidt vom Weinladen Schmidt gemeinsam mit Lars Rutz, der auch Namensgeber wurde. Im Rutz übernahm Müller 2004 die Küche von Ralf Zacherl und später auch die Gastronomische Leitung. Irgendwann seien seine Gerichte zu anspruchsvoll geworden und man habe sich entschlossen, neben der Weinbar mit ihrer bodenständigeren Küche, auch noch ein Restaurant zu schaffen.

Hier toben Marco Müller und sein Team sich seither aus. Sie seien ständig am Experimentieren. Alles würde man sammeln, fermentieren und weiterverarbeiten. Moos, Kiefernnadeln oder wie heute Morgen Lindenblüten für den Hauptgang. Eine ganz eigene Handschrift habe man mittlerweile entwickelt.

Eine, die der Gault Millau und der Guide Michelin zuletzt mit 3 Sternen und 17 Punkten auszeichneten. Aber auch für uns zählt Marco Müllers Küche zu den wirklich allerbesten der ganzen Stadt. Wo es ihm aber selbst am besten gefällt, wenn er nicht am Herd steht, hat er uns am Ende unseres Interviews auch noch verraten...

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Museumsinsel. Neben der Kunst, habe er sich schon immer auch sehr für Geschichte interessiert. Hier in Berlins Mitte komme alles zusammen. "Ein wahres Sammelsurium. Auf eine Insel gebrachte Geschichte." Sein persönliches Highlight darauf: das Pergamon Museum.

Hot Spot. Der Inhaber Herr Wu sei ein toller Typ, betont Müller. "Ein feiner Mensch", der mittlerweile zu einem Freund geworden sei. Er möge seine Küche. Bei ihm habe er den Brokkoli für sich entdeckt, den er früher für ein völlig überflüssiges Gemüse gehalten habe. Auch die "Teegeräucherte Ente" und die scharfen Dim Sum seien fantastisch und die "Aubergine" förmlich eine Offenbarung. "Dazu ein Moselriesling: Perfekt!" Am liebsten treffe er ich hier in großer Runde mit Freunden.

Lon Men’s Noodle House. Hier gehe er wirklich oft hin. Die gebratenen Dim Sum mit Ponzusauce seien sein Favorit, aber auch die Suppen seien immer hervorragend. Die ganze Ecke an der Kantstraße sei im Übrigen sehr nett.

Restaurant Nu. Wenn er Lust auf Udon Suppe mit krosser Ente habe, gehe er genau hierher. Er sei überzeugt, dass das Gericht nur für ihn nicht von der Karte genommen würde, schmunzelt er. Generell esse gerne asiatisch, auch asiatische Eintöpfe.

Wannsee. Seit seiner Kindheit liebe er das Wasser und wann immer er im Sommer Zeit habe, fahre er mit einem Freund zum Wakeboarden oder zum Angeln hier raus. Allein das Plätschern der Wellen am Boot, beruhige ihn ungemein. Leider komme er viel zu selten dazu.

Tiergarten. Die Spree habe ihn einst mit Berlin versöhnt. Irgendwas hatte ihm zuvor immer gefehlt. Heute joggt er regelmäßig am Wasser entlang und genießt ein Stück Natur inmitten der Großstadt. Hier komme er wunderbar zur Ruhe.

Torstraße. Er liebe es, im Sommer mit einem Bier in der Hand und ein paar Freunden die Straße hinunter zu laufen. Mal kehre man irgendwo ein, mal nicht. Ins Uschi Obermaier oder Schmitz Katze. Dort träfen sich alle Kulturen und die Stimmung sei wirklich einmalig. Hier könne man sich einfach treiben lassen.

Zoo Palast. Es sei toll, dass das Kino wieder auf Vordermann gebracht wurde. Am liebsten schaue er hier Monumentalfilme, für die der heimische Fernseher zu klein ist. Er möge den alten Charme der Kinos und den Geruch von "altem Filmvorführraum". Toll sei auch die Soundanlage, bei der man jeden Ton spüre.

Becketts Kopf. Hier erlebe er die gleiche Faszination für Drinks, wie er für seine Küche. Die Drinks seien wirklich spitze und es werde nur mit natürlichen Zutaten und Ölen gearbeitet. "Drinks auf Sterneküche Niveau!" Dabei seien diese nicht nur originell, sondern schmeckten auch hervorragend.

Columbiahalle. Er gehe extrem gerne auf Konzerte und hier sei die Atmosphäre besonders gut. Die Musik dürfe dabei auch gerne "heftiger" sein. Garage-Punk. Skater-Punk. Punk-Rock. Hier gebe es immer auch Konzerte von unbekannteren Bands. Ähnlich wie im Huxley’s, da gehe er auch gerne hin. Dort treffe man auch die echten alten Berliner noch.

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