Im wahren Leben heißt das Fräulein Brösel Stefanie Drobits, wobei ihr Markenname sich unmittelbar aus dem slowenischen Nachnamen ergab. Drobits bedeutet im Slowenischen nämlich so viel wie "Brösel". Österreicherin ist sie. Aus dem Südburgenland. Ländlich, inmitten von Tieren und jeder Menge Natur, ist sie aufgewachsen. "Schön war das", sagt sie, aber nach der Schule gab es kein Halten mehr.
Fürs BWL-Studium ging es nach Wien und mit zarten Zwanzig für ein einjähriges Praktikum nach New York. Dort lebte sie zu dritt auf 40 Quadratmetern im Stadtteil Harlem. Eine aufregende Zeit. Anschließend erschien ihr Wien jedoch noch kleiner und provinzieller als schon zuvor. Eine leicht erreichbare Alternative musste her. Jemand empfahl ihr Berlin. 2006 kam sie zum ersten Mal hierher und verliebte sich Hals über Kopf in die pulsierende Metropole.
Fünf Jahre lang pendelte sie fortan zwischen der österreichischen und deutschen Hauptstadt. Jobbte in Berlin und studierte in Wien. Mit 26 hatte sie das Staatexamen in der Tasche und brach ihre Zelte in der Donau-Metropole ab. Mit drei Koffern und zwei Flaschen Wein befreundeter Winzer zog sie 2010 an die Spree. Jobbte zunächst weiter in Galerien und für Modedesigner. Feierte. Lebte.
Nebenbei begann die quirlige Jungunternehmerin unter dem Namen Weinerwachen all den tollen Winzern aus ihrer Heimatregion, den Weg in die Berliner Szene-Gastronomie zu ebnen. Mit großem Erfolg. Deponierte sie die ersten Paletten noch im Keller ihrer Mietwohnung und trug jede der Kisten selbst dort hinunter, musste bald ein richtiges Lager her. "Ein echtes one-woman-show-business war ich", erzählt sie rückblickend amüsiert.
In den Restaurants, die sie belieferte, beobachtete sie regelmäßig, dass ihr die dort servierten Schnäpse und Obstler beim Trinken immer viel zu sehr brannten. Das musste auch anders gehen, entschied sie und suchte sich eine österreichische Brennerei, die seither ihre milden, aber dennoch intensiven und wenig süßen Schnäpse brennt. Zu Weinerwachen gesellte sich Schnapserwachen.
Mandel, Marille, Vogelbeere, Schwarze Johannisbeere und Haselnuss heißen die aktuellen Destillate, von denen es die Marille gleich bei Erscheinen ins Zeit Magazin schaffte. Und auch die FAZ am Sonntag widmete Fräulein Brösel kürzlich eine ganze Doppelseite des Magazins. Über den bestehenden Weinhandel konnte sie die Schnäpse dabei schnell in einschlägigen Restaurants platzieren, darunter auch Sterne prämierte wie das Horváth.
Stefanie Drobits redet schnell während unseres Interviews. Sehr schnell. Kaum kann ich ihr folgen. Gerade noch hat sie in einer Weinprobe gesessen und gleich geht es zu der Eröffnung eines neuen Restaurants. Es ist viel los bei der aufstrebenden Jungunternehmerin. Rasch erzählt sie noch von ihrer Leidenschaft für die Literatur und von ihrer Bewunderung für Tim Burton, derer sich auch der befreundete Grafiker annahm, der das Logo für Fräulein Brösel entwarf: sie selbst inmitten von Natur und Tieren. Ganz in Schwarz. Sie liebe das Düstere, die Dunkelheit, die Melancholie. Ein Thema, dass sich bei aller Lebensfreude auch hie und da in Ihren Lieblingsorten wiederfindet...
Bar Raval. Seit Jahren geht sie leidenschaftlich gerne in die Tapas-Bar am Görlitzer Park und ist mit einem der Kompagnons von Daniel Brühl mittlerweile auch befreundet. Sie liebt es dort im Sommer stundenlang draußen zu sitzen, immer wieder einen Happen zu essen, am liebsten die "pimientos del padrón", und ein Glas Rosado dazu zu trinken. Wie auf Mallorca, fühle sie sich dann immer. "Und eine spannende Weinkarte haben sie obendrein auch!"
Café d’Espresso. Seit anderthalb Jahren hat sie in einem der Räume des Cafés gemeinsam mit einem Möbeldesigner den Laden Fräulein Brösel und Herr Petkow. "Wie bei Alice im Wunderland muss man dort erst durch das Café, wie durch den Fuchsbau bei Alice im Wunderland hindurch," sagt sie "um dann in eine ganz neue Welt zu gelangen." Sie liebt es, in dem lichtdurchfluteten Café ihren morgendlichen Kaffee in der Sonne zu trinken. Der stammt nebenbei bemerkt ebenfalls von einem Österreicher, dem Inhaber der Berliner Rösterei Andraschko. In der angrenzenden Bar trinkt sie am Abend gerne ihr Gläschen Scheurebe.
Tulus Lotrek. "Dort gibt es einfach fabelhaftes Essen", ist das erste was Stefanie Drobits zu dem erst jüngst in Kreuzberg eröffneten Restaurant über die Lippen kommt. Die Gastgeberin Ilona Scholl sei so leidenschaftlich dabei und der Küchenchef Maximilian Strohe bereite verrückte Speisen. Besonders lecker fand sie zuletzt das "Spiegelei Royal" mit Jakobsmuschel, Sellerie, Aprikose, Nussbutter und Kaviar. "Das zergeht einfach auf der Zunge", schwärmt sie. "Einmal hat er ein Menü nach David Bowies Musik kreiert und ich konnte tatsächlich schmecken, welche Songs gemeint sind. – Echter Gaumentango war das!" Alles hier hat einen künstlerischen Aspekt. "Ein Gesamtkunstwerk!"
Winterfeldtmarkt. "Ein echter Genussmarkt", schwärmt Stefanie Drobits. Begeistert erzählt sie von der tollen Atmosphäre rund um die Kirche am Winterfeldtplatz. Sie mag die vielen kleinen Stände, und dass man überall naschen kann. "Dort gibt es keine Massenabfertigung." Im Übrigen habe sie dort den leckersten Kaiserschmarrn mit Zwetschgenröster seit dem ihrer Großmutter gegessen. "Der war wirklich fantastisch!"
Alte Nationalgalerie. Die Nationalgalerie mag sie insbesondere für die einmalig schönen Werke von Casper David Friedrich, von denen der "Der Mönch am Meer" und "Die Abtei im Wald" gerade nach aufwendiger Restaurierung in die Ausstellung zurückgekehrt sind. Sie bewundert deren dunkle Stimmung, die jedoch stets einen Lichtblick birgt. Ein wenig erinnert sie das immer an die düsteren Inszenierungen des Regisseurs Tim Burton, von dem sie ein großer Fan ist. Aber auch für sich genommen sei das Gebäude natürlich ein echtes Highlight auf der Museumsinsel.
Fluxbau. Schon viele Jahre ist sie mit dem Geschäftsführer dieses Veranstaltungsortes befreundet. Sie liebt es im Sommer draußen an einer der alten Biertische direkt am Wasser zu sitzen und auf die Spree zu schauen. Häufig besuche sie auch die zahlreichen Konzerte, Partys und Veranstaltungen, die hier regelmäßig stattfinden. "Tolle Events sind da immer wieder dabei!"
Frühstück im Klipper. Im Sommer sitzt sie zum Frühstück mit Vorliebe an Deck des alten Frachtschiffes und genießt die Sonne. Dann gibt es einen Krabbensalat und ein Glas Sekt dazu. "Oder Kamillentee", betont sie "der ist auch gut." Anschließend geht sie auf der Insel der Jugend spazieren. Ein perfekter Sonntagmorgen!
Berliner Ensemble. Gerade hat sie den begeisternden ersten und zweiten Teil von Goethes Faust hier gesehen. Aber auch Peter Pan und Shakespeares Sonette haben ihr zuletzt extrem gut gefallen. Ganz generell mag sie die dunklen und düsteren Inszenierungen von Regisseur Robert Wilson. Aber auch das prunkvolle alte Interieur mit seinen dunkelroten Samtsesseln hat es ihr angetan. "Ein tolles Theater!"
Botanischer Garten. Seit jeher liebt sie Blumen und die Natur im ganz Allgemeinen. Die unterschiedlichen Düfte der Blüten und Pflanzen berauschen sie förmlich. "Besonders im Frühjahr ist es toll hier." Stundenlang kann sie zwischen den Anlagen herumlaufen, auf einer Bank in der Sonne sitzen oder die Gewächshäuser besuchen, von denen sie das Haus mit den Kamelien und Azaleen ganz besonders mag. "Eine echte Oase mitten in der Stadt."
Victoria Bar. Nicht nur, weil sie diese wahre Institution am Berliner Bar-Himmel mit ihren Weinen beliefert, schätzt sie diesen Ort auf ganz besondere Weise. Noch um vier Uhr morgens ist es hier am Wochenende rappelvoll. Sie liebt das seit Jahrzehnten treue Barpersonal, das sein Handwerk versteht und weiß was es tut. Ein intellektueller, charismatischer Ort mit viel Stil. "Hier wird noch Trinkkultur zelebriert", konstatiert sie.