Fast muss ich schmunzeln, als mir Nadine Dinter als Treffpunkt für unser Interview das Grosz vorschlägt. Ich hatte es geahnt. Als ich das imposante Café betrete, erwartet Nadine mich bereits. Das Kaffeehaus zählt eindeutig zu ihren Lieblingsorten. Sowohl für geschäftliche Meetings als auch für einen spontanen Kaffee mit Freunden.
Wer sich in Deutschland für Fotografie, große Fotografen und aktuelle Ausstellungen in diesem Bereich interessiert, stößt unweigerlich irgendwann auf den Namen Nadine Dinter oder ihre gleichnamige Agentur. Für mich eine der erfolgreichsten in diesem Bereich.
In den kommendenTagen steht die Art Week Berlin an und in München eröffnet die Ausstellung "Heimat" von Ellen von Unwerth bei Immagis. Der Terminplan von Nadine Dinter ist randvoll und ich freue mich daher ganz besonders, dass sie sich dennoch Zeit genommen hat, um uns ihre Lieblingsorte zu verraten.
Ihre Agentur ist spezialisiert auf Pressearbeit, PR-Beratung und Art Administration. Ihr thematischer Schwerpunt ist die Fotografie. Nadine hat ihre Karriere zwar ganz klassisch in der Old Economy im Marketing begonnen, jedoch galt der Kunst und vor allem der Fotografie schon immer ihre große Leidenschaft.
Durch eigene Fotografie-Projekte und Ausstellungen reifte nach ihrer ersten Ausbildung der Wunsch, in der Kunstwelt tätig zu werden. Dabei dachte sie zunächst an eine eigene Galerie, als sie in Berlin und anschließend in New York Kunstmanagement an der NYU studierte. Durch vermehrte Expertengespräche verfeinerte sie ihre Vision und ihr Weg nahm einen anderen Lauf.
Zurück in Berlin und nach Stationen als Leitung der Galerie Asperger und Kunstmanagerin bei Alexander Ochs Berlin/Beijing vereinte Nadine dann ihre Kompetenzen in den Bereichen Fotografie, PR und Kunstmanagement und gründete 2006 ihre eigene PR-Agentur. Einer ihrer wichtigsten und längsten Kunden ist heute die Helmut Newton Stiftung.
Aber auch die Fotogalerie Bene Taschen in Köln oder das Schweizer Kunstfestival St. Moritz Art Masters zählen zu ihren Referenzen. Ebenso Fotokünstler wie Alice Springs, Marc Hom, Ellen von Unwerth oder Frank Horvat sowie David Drebin, Christopher Makos, Vincent Peters oder Till Brönner. Im Oktober startet im Übrigen ein neues Projekt mit Anatol Kotte.
Während unseres Gesprächs wird immer wieder deutlich, wie glücklich und geehrt sie sich fühlt, für so renommierte Kunden zu arbeiten. Vielleicht ist es eben jener Respekt vor dem Schaffen anderer, der den Reiz und das Geheimnis ihrer Person ausmacht. Mit großer Achtung vor dem Gegenüber arbeitet Nadine Dinter auf dem allerhöchsten internationalen Niveau.
Aber natürlich kommen wir während unseres Interviews auch auf Berlin zu sprechen. Nadine Dinter, aufgewachsen in Berlin-Reinickendorf, liebt diese Stadt und insbesondere den Alten Westen. Wir sprechen über die Fasanenstraße mit ihren einstigen Prachtboutiquen und wie sehr wir Jungen diese unerreichbare Straße liebten.
Heute wohnt Nadine hier und wer ihr auf Instagram folgt, wird ihre Momentaufnahmen der Straße lieben. Sie selbst schätzt vor allem auch die Nähe zu den vielen anliegenden Galerien, in denen sie jeder Zeit spontan vorbeizuschauen kann.
Mit ihrem markanten Haarschnitt, den klaren Augen und überwiegend schwarzen Outfits entspricht sie im Grunde dem Idealbild der von ihr präsentierten Künstler. Das Gespräch darauf gebracht, lacht Nadine herzlich: „Zu dieser Clean Woman gibt es aber auch eine Gegenseite.“
Sie habe ein Faible für Kuriositäten und charmante Dinge vergangener Jahrhunderte. Rund um ihre Sammlung von extravaganten Düfte hätte sie eine kleine "Wunderkammer" angelegt ... inspiriert von der Sammlung Olbricht. Aber auch Geschäfte können natürlich eine Wunderkammer sein. „Und eigentlich ist Creme Guides doch auch eine solche kleine Wunderkammer.“, meint sie und beginnt von ihren zehn Lieblingsorten zu schwärmen...
Tipp. Zu den Details der einzelnen Orte gelangen Sie über das Anklicken der orange markierten Namen!
Helmut Newton Stiftung. Seit sie denken kann, war Nadine Dinter ein großer Fan von Helmut Newton. Als seine Stiftung im Sommer 2004 eröffnet wurde, entstand hier eine Pilgerstädte für eingefleischte Fans seines Werks, aber auch für Liebhaber der anspruchsvollen Mode-, Portrait- und Aktfotografie. Zwei Mal im Jahr werden Arbeiten Newtons, sowie die seiner Frau Alice Springs, im Dialog mit anderen berühmten Fotografen, neu kuratiert. Darunter oft bis dato ungezeigte Werke. „Ein Muss für jeden Fotografie-Liebhaber.“
C/O Berlin. Nur ein paar Häuser weiter residiert diese ebenso renommierte Foto-Institution. Nach mehr als zehn Jahren in Mitte bezog das Team um Stephan Erfurt vor gut drei Jahren das ehemalige Amerika-Haus. Seitdem wurden hier bereits Magnum-Fotografen wie Josef Koudelka, eine Gruppenausstellung legendärer Plattencover, Will McBride nebst Newcomern und jungen Talenten gezeigt. Die gut sortierte Buchhandlung und das Café runden das Repertoire des Fotografie-Treffpunkts ab.
Camera Work. Die erste Ausstellung, an die sie sich erinnern kann, war die Solo Show von Helmut Newton im Jahr 1997. Seit jeher auf der Kantstraße, in einem ruhigen Innenhof gelegen, gehört die Fotogalerie auch international zu den Top-Adressen, wenn es um Modefotografie geht. Von Irving Penn, David Drebin, Olaf Heine, Marc Hom, Nick Brandt und Peter Beard, findet man hier alle Fotografen, die Rang und Namen haben.
Johanna Breede Galerie. Die eher im Segment klassischer Kunsthandel angesiedelte Galerie ist ein beachtliches One-Woman-Unternehmen, das nicht nur durch die Jahrzehnte lange Expertise der Leiterin Breede, sondern auch durch ihren besonderen, sehr persönlichen Umgang mit ihren Fotografen besticht. Auf der Fasanenstraße, gegenüber der Villa Grisebach gelegen, gehen hier die nationalen wie internationalen Sammler ein und aus.
Diptyque. Schon vor dem Eingang, der im historischen Cumberland-Haus gelegenen Berliner Dependance des Pariser Labels, wird man von einem betörenden Duft willkommen geheißen. Im Store selbst erwarten den Besucher die Nischendüfte und Duftkerzen der 1961 gegründeten Marke. Eingebunden in eine Wunderkammer mit verspiegelten Innenflächen und einem französisch-eleganten Personal.
Paris Bar. Was 1979 als ehemalige Studenten-Kneipe und rebellischer Künstlertreff begann, zählt schon längst zu den Klassikern der Berliner Gastronomie. Hier sitzt man, sommers wie winters, zwischen Schauspielern, Künstlern oder Schaulustigen, genießt seinen schweren Rotwein, Champagner oder Badoit zum Coq au Vin, umgeben von internationaler Kunst, die beinahe überbordend diesen wunderbaren Ort verziert. Angela Bulloch, Daniel Richter, Jürgen Teller, Anatol Kotte und Peter Beard sind nur einige Namen, deren Werke von Michael Würthle erworben und in dieser einzigartigen Sammlung zusammengeführt worden sind. Anatol Kotte wird heute von Nadine Dinter vertreten und sie selbst fühlt sich hier wie zuhause.
Contemporary Fine Arts. Neben Eigen + Art die wohl bekannteste Galerie Berlins. Mit einer Top-Riege internationaler Künstler wie Sarah Lucas, Bjarne Melgaard oder Tal R residierte die Galerie von Nicole Hackert und Bruno Brunnet seit 1992 in Mitte. Nun ist sie in die Charlottenburger Grolmanstraße umgezogen. Im Parterre und einer klassisch gestalteten Altberliner Bel-Etage kann man dort nun nicht nur Werke des Who´s Who, sondern auch die ganz besondere Stimmung während der Vernissagen auf sich wirken lassen.
Aveda. Einst basierend auf der Ayurvedischen Therapie und dem Ziel, Körper und Geist in Einklang zu bringen, wurde Aveda 1978 durch den Österreicher Horst Rechelbacher gegründet. Das am Berliner Ku’damm gelegene Aveda Institute ist einer der weltweiten Stores, in denen Kunden neben der gesamten Produktpalette auch eine Kopfmassage und einen der auf der Bauhaus-Philosophie beruhenden Haarschnitte bekommen können.
Grosz. Das Ambiente dieses Ortes lässt sich am ehesten als eine Kombination aus Wiener Kaffeehaus im Jugendstil und französischer Brasserie bezeichnen. Accessoires mit Patina wie alte Spiegel und Bilderrahmen verleihen dem Interieur dabei einen besonderen Charme und verwandeln jedes Meeting von Nadine Dinter in einen besonderen Moment. Benannt wurde das Grosz übrigens nach dem Maler George Grosz, der während der 20er Jahre in der Nachbarschaft am Savignyplatz lebte.
Schwarzes Café. Das Café ist ein waschechtes Relikt des alten Welt Berlin und natürlich hat Nadine Dinter hier schon viel Zeit verbracht. Es ist 24 Stunden geöffnet und bietet seinen Gästen ein einzigartiges Flair – mit stuckbesetzten, hohen Räumen, gemütlichem Mobiliar und dem originellen roten Zimmer. Ob als Tourist, Student oder Liebespaar, auf ein frühes Frühstück nachts um 2 Uhr oder einfach, um extern zu arbeiten, das Schwarze Café ist der richtige Ort dafür.