Täglich geöffnet von 11.30 – 23 Uhr
Nhat Long
Torstrasse 210
10115 Berlin Berlin-Mitte
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Dass der zur Sonne aufsteigende Drache im Haus Nummer 210 wohnt, mag man nicht vermuten. Die Torstraße ist eine vornehmlich vom Verkehr anstatt schöner Architektur geprägte Achse in Berlin Mitte.
Im Sommer ist eine Bürgersteigterrasse von Bambus und anderem Pflanzengrün gesäumt. Ein schmuckes Teilstück im Einheitsgrau. Doch im Winter? Da spaziert man eher achtlos an dem Plattenbau vorüber. Ein kulinarisches Missverständnis. Denn eben dort wacht der Drache über den wohl schärfsten Feuertopf der Stadt.
„Cocktails & Sake“ prangt über dem Eingang des Nhat Longs. Was die nächste Frage aufwirft. Ein vietnamesisches Restaurant mit Cocktailbar? Dinh Tuan Nguyen und seine Frau haben die Pandemie genutzt, um genau diesem Vorurteil einen schick-loungigen Gegenentwurf zu präsentieren.
Samtgrüne Clubsessel, filigrane Holzverkleidungen an den Wänden, Leuchtobjekte wie von Vogelkäfigen umfangene Kronleuchter und eine Bar, wie sie einer Metropole würdig ist. Sowohl vom Design her wie auch den vielen hauseigenen und immer wieder neuen Kreationen, die dort gemixt werden. Wie den Phojito, die „Pho-Nudelsuppe im Glas“ aus Gin, Cointreau Kardamon, Sternanis, Koriander und Zimt.
Dinh Tuan Nguyen gehört zu den sympathischsten Gastgebern Berlins. immer gut gelaunt, als Weinkenner immer die passende Getränkeempfehlung parat. Sein Küchenkonzept: vietnamesische Küche, für die vegetarisch und vegan keine Fremdwörter sind, ebenso wie Sushi und Grillgerichte. Über die Küche lässt sich vereinheitlicht sagen: frische Zubereitung, viele frische Kräuter und Gewürze sowie sehr Insta-taugliche Tellerpräsentationen.
Bei einem früheren Besuch hat Herr Nguyen schon angekündigt, dass er im Winter mit Hot Pot eine vietnamesische Spezialität auf die Winterkarte setzen würde (auf Vorbestellung). Nun hat er kulinarische Taten folgen lassen.
Der Hot Pot, der aus dem Englischen wörtlich übersetzte heißer oder auch scharfer (beides stimmt) Topf heißt, ist die Antwort Vietnams auf das Fondue Chinoise. Das Rezept des Nhat-Long-Feuertopfes hat der Gastgeber von einem Küchenchef aus Hanoi bekommen.
Das Ganze basiert auf einem Brühefondue, in dem Fleisch, Geflügel, Meeresfrüchte und Gemüse gegart werden. Mit dem Unterschied, dass im Nhat Long die Brühe über Tage angesetzt wird. Und der Nhat-Long-Chef sie noch mit einem Bund frischem Koriander am Tisch toppt. Ehrlich gesagt, hätten wir einen Henkelmann oder eine Thermoskanne dabei gehabt, wir hätten die köstliche und geschmack- und gehaltvolle Brühe abgefüllt und nach Hause mitgenommen.
Es folgen – damit man es in voller Pracht genießen kann, am besten zu mehreren kommen – große Platten mit dem Durchmarsch durch eine Feinkostabteilung. Entweder aus der Gemüseabteilung unter anderem mit Kräuterseitlingen, Pak Choi und Enoki (Schneepilzen) für 39,50 Euro pro Person, der Fleischabteilung (49,50 Euro p. P.), dann auch mit Maishähnchen und Rinderfilet oder als Deluxe-Variante ( 69,50 Euro p. P.) mit Gemüse, Wolfsbarsch, Lachs, Muscheln, Garnelen, Krebsscheren und bei uns auch noch Tofu.
Die kunstvoll wie eine Blüte geschnitzte Zwiebel in der Mitte mag etwas kitschig sein, ist aber zauberhaft anzuschauen. Es folgt der unerwartete ungewöhnliche Teil: Der Gast wird nebst Stäbchen noch mit einem kleinen Schöpflöffel und einem Schälchen ausgestattet. Mit ersterem gart man seine Zutaten im Feuertopf, während man letzteres mit Reisnudeln und Brühe befüllt.
Es folgt das Gargut. Alles zusammen wird dann aus dem Schälchen gelöffelt oder mittels Stäbchen genossen, dabei der Pikanz, vielmehr der großartigen Schärfe getrotzt, bis dieses kulinarische Prozedere von vorne beginnt und irgendwann mit wohliger Leichtigkeit beendet wird.
Was es mit dem zur Sonne aufsteigenden Drachen auf sich hat, gibt Herr Nguyen einem mit auf den Weg. Das bedeutet Nhat Long im Vietnameischen. Und die Erkenntnis daraus? Dieser Drache ist ein freundlicher und geselliger, der seinen Hot Pot gerne mit Foodies teilt.