Zoë Schlär ist seit fast 20 Jahren Mediatorin und versteht sich als Übersetzerin in Konfliktsituationen – sowohl im Beruflichen als auch im Privaten. Zudem ist sie Ausbilderin für Mediation, Trainerin und Systemischer Businesscoach. Für Creme Guides schreibt sie über festgefahrene Situationen, neue Begegnungsräume und das gegenseitige Verstehen, um nachhaltige Veränderung zu erreichen.
Die Unterscheidung zwischen beruflichen, persönlichen und privaten Themen am Arbeitsplatz ist nicht immer leicht. Denn es gibt sie, Freundschaften, die sich im Laufe der Jahre im Job entwickeln. Gemeinsame Pausen, gegenseitiges Verständnis, wenn der Stress überhandnimmt, und das Lachen über die kleinen Missgeschicke des Alltags verbinden. So war es auch bei Anna und Laura. In den Augen der anderen waren sie ein Dream-Team, beruflich wie privat. Doch eines Tages kam es zu einem Bruch, der nicht nur ihre Freundschaft, sondern auch das Arbeitsklima belastete.
Es begann schleichend, wie es oft der Fall ist: ein Missverständnis hier, eine unbedachte Bemerkung dort. Was früher leicht geklärt werden konnte, führte nun zu Spannungen. Dinge, die einst privat geblieben wären, fanden plötzlich ihren Weg ins Büro und wurden in der Teeküche mit weiteren Kolleginnen diskutiert. Eines Tages hörten Anna und Laura auf, miteinander zu reden – für Laura ohne erkennbaren Anlass. Wo vorher Gespräche und gemeinsame Mittagessen den Arbeitsalltag prägten, herrschte nun kühles Schweigen.
Die Spannungen blieben natürlich nicht unbemerkt. Kolleginnen wechselten, und eine neue Chefin trat die Leitung an. Sie bemerkte schnell, dass der Konflikt zwischen Anna und Laura das gesamte Team negativ beeinflusste. Es störte die Atmosphäre und stellte sie in ihrer Führungsrolle vor eine Herausforderung. Doch anstatt abzuwarten, wie es viele Vorgesetzte tun, entschied sie sich zu handeln. Sie wollte deutlich machen, dass ihr das Wohl jedes Teammitglieds am Herzen lag. Daher initiierte sie eine Mediation, um eine Lösung zu finden.
Sie forderte die beiden Frauen auf, sich ihren Gefühlen zu stellen und das auszusprechen, was bislang unausgesprochen geblieben war. Dabei zeigte sich, dass die Differenzen nicht nur aus persönlichen Enttäuschungen resultierten. Vielmehr hatte sich ihre private Freundschaft zunehmend mit beruflichen Angelegenheiten vermischt. Kritik, die rein fachlich gemeint war, wurde persönlich genommen, und persönliche Dinge fanden ihren Weg in berufliche Gespräche. Die Grenze zwischen dem, was privat und was professionell war, verschwamm immer mehr.
Die Lösung, die sich nach einigen intensiven Gesprächen herauskristallisierte, war denkbar einfach und dennoch neu für sie: ein klares Bewusstsein für die Unterscheidung zwischen beruflichen, persönlichen und privaten Themen.
Berufliche Angelegenheiten müssen natürlich besprochen werden, und auch persönliche Themen – wie Befindlichkeiten oder momentane Stimmungen – sollten nicht ausgespart werden. Der Austausch solcher Informationen hilft, das Gegenüber besser zu verstehen. Wer weiß, dass die Kollegin wegen Kopfschmerzen oder wegen Ärgers mit der pubertierenden Tochter angespannt ist, bezieht diese Anspannung nicht auf sich selbst. Private Themen jedoch sollten privat bleiben – das war beiden wichtig.
Diese Entscheidung brachte nicht die alte Freundschaft zurück, schuf aber Raum für eine neue Art des Umgangs: „freundlich distanziert“. Anna und Laura blieben Kolleginnen, und das war genug. Ihre Freundschaft erlebte keine Wiederauferstehung, aber sie fanden zu einem respektvollen Miteinander zurück, das es ihnen ermöglichte, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: ihre Arbeit.
Manchmal ist es genau diese Unterscheidung zwischen beruflichen, persönlichen und privaten Themen, die hilft, Klarheit zu schaffen. So führte ein kalter Konflikt letztlich zu einer Einigung, die allen Beteiligten – und somit dem gesamten Team – zugutekam.