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Münchner Lieblingsorte von Deutschlands Nr.1 Sommelière Paula Bosch

Dienstag, 29. Mai 2018

Paula Bosch? Als ich vor einigen Jahren zufällig bei einem Radiointerview mit der sympathischen Frau hängen blieb, sagte mir der Name noch nichts. Das, was sie – damals im Duo mit Sternekoch Tim Raue – über Wein und gutes Essen zu berichten hatte, jedoch war höchst faszinierend und unterhaltsam. So lauschte ich der Sendung bis zum Schluss und war danach deutlich schlauer: Bei Paula Bosch handelt sich um niemand Geringeren, als Deutschlands renommierteste Sommelière.

Einem großen Publikum ist die Expertin durch ihre beliebten Kolumnen im SZ-Magazin bekannt. 20 Jahre lang prägte sie das Münchner Nobelrestaurant Tantris als Chef-Sommelière und hat bereits zahlreiche Bestseller-Buchprojekte zum Thema Wein umgesetzt. Der letzte Streich? Der Ratgeber „Wein genießen“, erschienen im Hause Callwey und eine Einladung an erfahrene Weinkenner sowie Hobbygenießer, sich beim Lesen auf eine Spritztour durch die internationale Weinwelt zu begeben.

Selbige Neuerscheinung bietet schließlich auch den Ausgangspunkt für unser Interview, bei dem ich feststelle: Paula Bosch ist in persona noch sympathischer als im Radio!

Völlig unprätentiös zaubert sie dort aus einem Stoffbeutel erstmal – wie sollte es anders sein – eine Weinflasche hervor und überreicht sie mir als Mitbringsel. „Eine Kostprobe meiner ersten eigenen Weinedition, in Kooperation mit dem Weingut Bernhard Ott aus dem Wagram in Österreich. Sie ist limitiert auf 2000 Flaschen“, verrät sie mit unverhohlenem Stolz.

Die Begeisterung für dieses Weingut und seine Grünen Veltliner Weine, welche sie vor genau 25 Jahren auf der Wiener Weinmesse VieVinum entdeckte, sprudelt nur so aus ihr heraus. Aber auch die generelle Faszination für den Weinbau; die Diversität an Produkten, die dieser je nach Lage, Können und nicht zuletzt je nach Laune der Natur, hervorzubringen vermag.

Es macht unheimlichen Spaß, ihr zuzuhören und etwas, das sie mir später als essenzielle Eigenschaft eines guten Sommeliers beschreibt, spürt man bei Paula Bosch sofort als ureigene Charaktereigenschaft: Die Leidenschaft, Wissen zu teilen. Mit Freude, aber ohne jede Überheblichkeit. In die Sprache ihres Gegenübers übersetzt, der schließlich ihr Gast ist oder sein könnte.

"Es mag Sommeliers geben, die ihren Gästen den Eindruck vermitteln, ein Wein ‚müsse’ ihnen schmecken – ganz einfach, weil er objektiv betrachtet von hervorragender Qualität ist", erklärt sie. "Das stimmt aber so nicht. Geschmack ist subjektiv. Ein teurer, hochwertiger Wein, muss nicht automatisch auch ein ‚guter’ in meinem persönlichen Empfinden sein", so die Weinexpertin.

Ihre eigene Leidenschaft für die Welt der Weine sei beispielsweise durch ihr Elternhaus geprägt worden, wo eine große Vorliebe für Süßweine geherrscht habe. Ein Highlight sei es gewesen, wenn sie diese als Kind in der Mini-Dosierung eines Kaffeelöffels im eigenen Glas habe probieren dürfen, schmunzelt sie. Einige dieser Flaschen hätten maximal 10 D-Mark gekostet, für sie persönlich seien sie jedoch bis zum Beginn ihrer Karriere und darüber hinaus die Messlatte für süß ausgebaute Weine gewesen.

"Später, während meiner Ausbildung bei Walldorf in Heidelberg, durfte ich erstmals einen Mouton Rothschild kosten – und verstand danach die Welt nicht mehr", erinnert sich Frau Bosch. Für ihr damaliges Verständnis sei der Wein sauer wie Essig trotzdem sündteuer gewesen. Was sie dann auch ganz entrüstet ihrer Mutter am Telefon berichtet habe – um einige Zeit später von dieser ein Buch über die Geschichte der Familie Rothschild geschenkt zu bekommen, lacht sie.

So erzählt und schwärmt sie weiter. Von der Reiselust der Patentante, die sie übernommen habe, und die als weitere Komponente, in Kombination mit der daheim gelebten Gastfreundlichkeit, zu ihrer schlussendlichen Berufswahl führte: Zunächst "nur" in die Gastronomie, wo sie sich aber schnell in Richtung der geliebten Weine spezialisierte.

Dafür, dass sie als Frau zunächst als Sommelier abgelehnt wurde, hat sie heute nur noch ein Achselzucken übrig. "Das waren eben die 80-er Jahre." Schließlich hat sie sich durchgesetzt. Eben jener Personalleiter, der sie bei ihrer ersten Bewerbung vor der Ablehnung des Restaurantchefs eines internationalen Hotelkonzerns nicht schützen konnte, holte sie später als erste weibliche Sommelière überhaupt nach Köln.

Es folgten unzählige Auszeichnungen und eine steile Karriere. In einer Sache sei sie jedoch standhaft geblieben: Werturteile in Form von Punkten, Sternen oder Gläsern möchte sie bis heute nicht abgeben – trotz wiederholter Anfragen zu einem eigenen "Bosch-Weinführer". "Versuchen Sie doch mal, den Geschmack einer Tomate oder den Unterschied zwischen Schweine- und Kalbfleisch in Punkten zu beschreiben. Je nach Reifegrad und Entwicklungsstand des Produktes, oder eigener Kondition funktioniert das nicht – genauso wenig funktioniert es beim Wein!"

Und ein Lieblingswein? Der lässt sich aus Sicht von Paula Bosch schon gar nicht dauerhaft festlegen. Lieblingsorte zum Weingenießen in München? Die sehr wohl – und so hat sie mir unter anderem die folgenden verraten:

Grapes Weinbar. Ein schöner Ort, um Gutes zu trinken und Kleinigkeiten zu naschen, den sie für Weinauswahl und Atmosphäre gleichermaßen schätze. Auch die Beratung durch das Team stimme.

Vinothek by Geisel. In puncto Weingenuss für sie ebenfalls ein Muss in München: "Robert, die Seele des Hauses ist in seiner Gastfreundschaft und Kompetenz nahezu unschlagbar. Dazu gibt es sehr gutes Essen", erklärt Frau Bosch.

Ola kala. Sie liebe griechische Küche und natürlich griechische Weine, schwärmt Paula Bosch. Im Ola Kala in Schwabing könne man diese auf ganz besondere Art genießen. Auf eine andere, feinere Weise, als bei Griechen gewohnt. "Aber Achtung! Da ist es immer voll – unbedingt vorher reservieren", lautet der Tipp der Weinexpertin.

Elia. Ebenfalls ein Grieche, ebenfalls in Schwabing, ebenfalls sehr gut. „Aber deutlich lauter – und somit vielleicht noch authentischer griechisch!“, lacht sie. Sie liebe es, hier auf den langen Bänken das Essen zu genießen und die Atmosphäre aufzusaugen. Auch hier gibt es zudem aus ihrer Sicht ein erstklassiges griechisches Weinangebot.

Tantris. 20 Jahre hat sie hier als Chef-Sommelière gearbeitet und bis heute nimmt das Restaurant für sie eine wichtige Rolle ein. „Die Produkte schmecken hier exakt so, wie sie schmecken müssen. Jede einzelne Zutat kommt zum Zug. Dafür steht Hans Haas mit seiner Küche wie kein anderer“, erklärt Paula Bosch.

Waldwirtschaft. Sämtliche Lokale vom Münchner Traditionswirt Sepp Krätz seien für sie Orte zum Wohlfühlen, so auch die Waldwirtschaft mit ihrem beliebten Biergarten.

Guido al Duomo. Paula Boschs Tipp für sehr gute italienische Küche sowie eine hervorragende Weinauswahl in der Innenstadt.

Atlantik Fisch Restaurant. In das Lokal im Schlachthofviertel gehe sie besonders gerne mit Freunden und zum Feiern – auch ganz ohne besonderen Anlass. Zum einen wegen des hervorragenden Essens – die Pasta mit Hummer und Steinbutt sei ihr Favorit! – zum anderen wegen der guten Musik und Stimmung. "Auf DJ Raimund ist immer Verlass!"

Schumann’s Bar am Hofgarten.  „Das ist meine Lieblingsbar, und zwar schon ewig!“, schmunzelt Paula Bosch. Früher sei sie hier oft auf dem Heimweg vom Tantris noch auf einen Absacker vorbeigekommen. „Das Auto habe ich dann natürlich immer stehen lassen müssen“, lacht sie. Neben den Drinks und dem super Service, liebe sie aber vor allem auch die Qualität des Essens dort. Und Charles Schumann selbst? Ein unverwechselbarer Typ und völlig zu Recht eine Ikone.

Englischer Garten, Pinakothek, Königsplatz. Allesamt Orte, die für sie untrennbar zu München gehörten und die Stadt zu dem machten, was sie ist: ihrer Lieblingsstadt in Deutschland.

Gelato Naturale. In der Sendlinger Eisdiele habe sie sich kürzlich erst zwei Portionen vor Ort gegönnt und dann noch gar einen ganzen Becher zum Einfrieren mit nach Hause genommen, so gut sei das gewesen. „Da stimmt seit vielen Jahren einfach alles, die Zutaten, der Geschmack die Textur!“

Paula Boschs letzter Lieblingsort bringt uns ins Sinnieren über Eisdielen und was es alles noch auszuprobieren gilt. Dann – zum xten Mal – brummt ihr Smartphone und sendet wilde Leuchtsignale aus. „Jetzt muss ich wohl wirklich los...“, seufzt sie und dreht das Telefon um: geschützt wird es durch eine Hülle aus durchsichtigem Kunststoff mit schwappendem Rotweinglas – "Meine Notration", lacht sie und verabschiedet sich.

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