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Der belgische Konsul von Amélie Nothomb

Dienstag, 11. Juli 2023
Advertorial
Der belgische Konsul
von Amélie Nothomb
Diogenes
.
23,00 €

Amélie Nothomb ist ein Phänomen. Seit ihrem Romandebut „Die Reinheit des Mörders“ im Jahr 1994 hat die Belgierin sage, schreibe und staune 35 Romane veröffentlicht. 35 Romane in 29 Jahren – das ist mit Fleiß oder Besessenheit nur annähernd beschrieben, allein die Zahl steht für sich.

Nun könnte man denken, dass eine Autorin mit solch einem Output auf ihrem langen Weg müde, träge oder ideenlos wird. Nicht so die Nothomb – und darin besteht ja das phänomenale dieser Autorin -, deren 35. Roman die Leserinnen und Leser staunen macht wie auch ihr erster. Für „Der belgische Konsul“ wurde sie mit dem in Frankreich sehr renommierten Prix Renaudot ausgezeichnet, außerdem erhielt sie den italienischen Premio Strega Europeo. - Kurz gesagt: Sie hat mit diesem Roman einen gesamteuropäischen Erfolg gelandet.

Das neue Buch beginnt mit einer Dostojewskij’schen-Szene. Der erste Satz: „Ich werde vor das Erschießungskommando geführt.“ Ein Einstand in furchteinflößender Intensität, da ist Angst, gedehnte Gegenwart. Jedoch bitte nicht zurückschrecken, Nothomb ist nämlich keine splattersüchtige Affekthascherin, sondern eine außerordentliche Meisterin von Atmosphäre und vor allem Präzision.

Der Ich-Erzähler dieser Geschichte berichtet im Folgenden von seinem Lebensweg bis hin zu diesem Moment absolut gesteigerter Gegenwart. Nachdem sein Vater nach der Geburt bei einem Unfall ums Leben kam, wuchs er sehr behütet bei seinen Großeltern auf. Am Portrait der Mutter – die das Leben des Erzählers nur en passant prägt - leuchtet die ganze Klasse der Nothomb’schen Prosa auf:

„Meine Mutter stürzte sich ins mondäne Leben. Sie mochte Empfänge nicht besonders, aber es kam ihr gar nicht in den Sinn, dass sie das, was sie tat, gern tun musste. Sie trug ihre beeindruckend elegante Trauer vor einem Publikum zur Schau, das ihren Auftritt zu würdigen wusste und ihr das gewünschte Bild spiegelte. Mehr wollte sie gar nicht.

Wenn sie morgens aufwachte, war ihr erster Gedanke: Was ziehe ich heute Abend an? Diese Frage füllte ihr Leben aus. (…) Die Männer wussten, dass es vollkommen ungefährlich war, Claude den Hof zu machen – sie würde ohnehin nicht darauf eingehen. Genau aus diesem Grund machten sie es ja. Es war ein angenehmer Zeitvertreib.

Ich liebte meine Mutter hoffnungslos, sah sie aber nur selten. Jeden Sonntag kam sie mittags zu ihren Eltern essen. (…)

»Hallo Paddy«, sagte sie mit frostigem Lächeln. (…)

Mit einem Ausdruck freundlicher Enttäuschung, den ich nicht deuten konnte, betrachtete sie mich von Kopf bis Fuß. Wie hätte ich auch ahnen sollen, dass sie jedes Mal hoffte, ihren Mann in mir wiederzufinden?“

Ich könnte ewig so weiterzitieren. Nothomb beschenkt uns mit einer präzise geschriebenen, extrem bildstarken Geschichte. Einziges Manko dieses Lesegenusses: Das Buch ist zu schnell vorüber. Trost bietet einzig die Gewissheit eines 36. Buchs von Amélie Nothomb.

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