Dienstag bis Samstag 18-00 Uhr
Haco
Clemens-Schultz-Straße 18
20359 Hamburg-St. Pauli
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Fine Dining auf St. Pauli? 8-Gänge-Menü mit Weinbegleitung am Standort einer Kiez-Kneipe? Mit seinem Restaurant in den ehemaligen Räumen des Backbord in der Clemens-Schultz-Straße hat Björn Juhnke genau das gewagt. Der Name: Haco – kurz für: "Hamburg Corner", eine Anspielung sowohl auf die Ecklage des Restaurants als auch auf die Herkunft dessen, was hier im Topf, im Backofen und auf dem Teller landen darf.
Seiner Interpretation der Nordic Cuisine hat Juhnke das Hashtag #180degreesnorth verpasst. Er hält sein kulinarisch auf hohem Niveau geschultes Näschen konsequent in Richtung Norden – und hat damit bereits seit über zwei Jahren großen Erfolg. Das Haco ist für uns nicht neu, vielmehr gehört es mittlerweile zu unseren Lieblingen – ein erneuter Besuch ist an diesem für Hamburg ganz untypisch heißen Sommerabend daher längst überfällig.
Wir nehmen draußen Platz, wo zumindest ein leichtes Lüftchen weht und wo der Charme dieses Stadtteils ungefiltert an uns vorbeizieht. Sehen und gesehen werden? Wohl kaum das Motto auf St. Pauli. Hier heißt es eher: Leben und leben lassen. Neben unserem Tisch hat sich jemand mit einem Graffiti an der Außenwand des Restaurants verewigt.
"Hat Haco Pommes?" steht dort in Großbuchstaben. Die Antwort wird gleich mitgeliefert: "Nee Digga." Björn Juhnke stört sich weder an der Optik noch an der Botschaft dieses, nun ja, Kunstwerks. Nordic Cuisine und Kiez-Slang von der Pommesbude – ja, das sind Gegensätze. Und Gegensätze ziehen sich an. In Juhnkes Küche geht dieses Konzept ganz wunderbar auf.
Als Apéritif serviert uns der nette Justin aus dem Service einen Rosésekt aus Österreich, dazu grüßen uns aus der Küche entzückende Mini-Baisers mit gepickelten Pfifferlingen, Bärlauch-Mayonaise und einem Zweiglein Erdbeerspinat. Ein wirklich hübsches Bild, das auch auf der Zunge nicht enttäuscht.
Den ersten Gang bringt Björn Juhnke selbst zu uns an den Tisch: blanchierte Erbsen, jede einzelne davon geschält für ein vollendetes Mundgefühl, wie er uns erklärt. Angemacht mit Minze und klassischer Vinaigrette, getoppt von einem crunchy Joghurtsponge und zarter Buttermilch-Granité, ist dieser Gang so cremig, nussig, sommerlich, dass wir Björns Begeisterung fürs Erbsenschälen nach anfänglicher Skepsis sehr gut nachfühlen können.
Zum Rebela Rosa aus der Slowakei, einem frischen Sommerwein mit Nuancen von Rhabarber und kandierten Früchten, bekommen wir im Haco nun gebeizte Makrele mit Schleifen von gelber Beete, roten Zwiebeln und Fenchelpollen – im Zusammenspiel mit dem unfiltrierten Rosé eine geschmackliche Punktlandung.
Die Scheurebe aus Baden kündigt Justin uns als blumigen Weißwein an, der mit einem Hauch von Eisbonbon perfekt mit dem salzigen Donut harmoniert. Wir sind annähernd sprachlos angesichts dieses herzhaften Teigkringels: Gekrönt mit feinem Schnee von der Ziegensalami, wird diese Haco-Komposition nicht zuletzt durch den köstlichen Klecks Creme Double zu einem würzigen Stern am Soulfood-Himmel.
Als Björn uns wenig später seine Spanferkelbäckchen mit Sherrysauce und Püree von der Pariser Karotte präsentiert, schielen wir ein klein wenig neidisch zur vegetarischen Variante. Die Bäckchen sind ohne Zweifel ein Genuss, doch der in Butter gegarte Blumenkohl mit Vogelmiere und Blumenkohlpulver lässt das schlichte Gemüse in ganz neuem Licht erscheinen und schafft es, auch überzeugte Fleischesser für die pflanzliche Hausmannskost à la Haco zu begeistern.
Die Erwartungen an das Finale sind nach dem Verlauf dieses Abends entsprechend hoch, dennoch übertrifft Björn, der zu jedem einzelnen Gang und jeder einzelnen Zutat eine charmante Geschichte zu erzählen weiß, sie mit einem vollkommen unangestrengten Dessert: hausgemachte Haselnusseiscreme mit allerlei von der Himbeere. Himbeergeist, gefriergetrocknete Himbeere, frische Himbeeren und Himbeergel verschmelzen mit Haselnuss- und Schokocrunch zu einem fruchtig-cremigen Nougattraum, dem schlicht und einfach nichts hinzuzufügen bleibt.
Wir bleiben noch ein Weilchen sitzen und lauschen Björns Erzählungen, während seine Kollegen bereits mit dem Aufräumen beschäftigt sind. Es ist spät geworden an diesem Sommerabend auf St. Pauli, wir sind die letzten Gäste und fühlen uns auch jetzt, während im Hintergrund leise die letzten Spuren beseitigt werden, als wären wir zu Gast bei Freunden.
Ganz nonchalant meistert Juhnke diesen Spagat zwischen hoch ambitionierter Küche und uriger Gastfreundschaft. Er hat an dieser Ecke seinen Platz gefunden und mit dem Haco einen Ort geschaffen, der eine Liebeserklärung ist – an diese Stadt, an exzellentes Essen und an seine Gäste, die er es nicht eine Sekunde lang bedauern lässt, dass es im Haco keine Pommes gibt.