Dienstag, Mittwoch & Freitag bis Sonntag 10-18 Uhr
Donnerstag 10-21 Uhr
Museum für Kunst und Gewerbe
Steintorplatz
20099 Hamburg-St.Georg
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Das Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg scheut erfreulicherweise nicht davor zurück, sich selbst kritisch zu hinterfragen. Passend dazu ist ab dem 17. Februar 2023 und noch bis zum 03. September 2023 die Ausstellung „The F*** word - Guerilla Girls und feministisches Grafikdesign“ zu sehen.
Die Guerilla Girls, ein international bekanntes Kollektiv aus den USA, engagieren sich seit mehr als 30 Jahren mit humorvollen, aufklärenden und anklagenden Arbeiten gegen Sexismus, Rassismus, Diskriminierung sowie Machtmissbrauch und Korruption im Kunstbetrieb. Für das Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg (MK&G) entwickeln die Guerrilla Girls eine eigene Arbeit, die die Sammlung des Museums kritisch evaluiert.
In der Ausstellung „The F* word – Guerrilla Girls und feministisches Grafikdesign“ im MK&G bilden die Plakate der Künstler*innengruppe den Ausgangspunkt der Gruppenschau, die rund 500 Arbeiten von 1870 bis heute umfasst.
Die Guerilla Girls gründeten sich 1985 in New York als Reaktion auf eine Ausstellung des Museum of Modern Art, die den Anspruch hatte, einen internationalen Überblick zeitgenössischer Malerei und Skulptur wiederzugeben. Leider waren dort unter den 165 vertretenen Künstler*innen nur 13 Frauen und noch weniger Black, Indigenous und People of Colour (BIPoC) zu sehen. Seither machen die Guerrilla Girls auf Ungleichheiten, Diskriminierung und Machtverhältnisse im Kunstbetrieb aufmerksam.
Dazu nutzen sie Statistiken und pointierte Formulierungen, die auf Plakaten, Flyern, Broschüren und in Videos eindringlich auf Veränderung pochen. Bei den Performances, die ebenfalls zentraler Bestandteil ihrer Arbeit sind, tragen sie Gorillamasken, um ihre Anonymität zu wahren und sicherzustellen, dass die Botschaften, nicht die Personen, im Vordergrund stehen.
Die Gruppe besteht aus aktiven Künstler*innen und agiert inzwischen international. Der Fokus liegt weiterhin auf der Kunstwelt, doch werden zunehmend auch Film und Theater, Popkultur und Politik kritisiert. Die Ausstellung im MK&G ist die erste in einem Museum für Gestaltung.
Kritik und Veränderung sind dringend notwendig: Weniger als 1,5 Prozent der Arbeiten in der Sammlung Grafik und Plakat werden Gestalterinnen zugeordnet, BIPoC und LGBTQI* sind so gut wie nicht vertreten.
Um die Notwendigkeit der Kritik der Guerrilla Girls zu unterstreichen, macht die Ausstellung die enorme Schaffenskraft von Gestalterinnen der letzten 150 Jahre sichtbar. Zu sehen sind herausragende Arbeiten aus der Sammlung: Film-, Theater- und politische Plakate, Zeitschriften- und Buchcover, Flyer, Anzeigen, Ex Libris, Schriftentwürfe und historische Ornamentstiche.
Die unbestreitbare Qualität dieser Arbeiten wirft die Frage auf, warum so wenige von ihnen bekannt sind. Wie entsteht (Un-)Sichtbarkeit? Welche strukturellen Bedingungen gilt es in den Blick zu nehmen und zu hinterfragen? Und um welche Positionen und Themen sollte die Sammlung in Zukunft ergänzt werden?
Ein weiterer Teil der Ausstellung eröffnet die historische und fortwährende Relevanz aktivistischer und feministischer Gestaltung. Gezeigt werden zeitgenössische Positionen wie die Grafikerin Anja Kaiser, das niederländische Designstudio The Rodina, das Missy Magazin, die Illustratorin Anke Feuchtenberger und Sheila Levrant de Bretteville, die den feministischen Diskurs ab den 1970er-Jahren vorangetrieben hat.
Historische Plakate, die Teil des Kampfes um Wahlrecht und Selbstbestimmung von Frauen sind, dokumentieren die Konstanz, Breite und Vielfalt feministischer Positionen und Forderungen. Ein umfangreiches Konvolut von Protestplakaten vor allem der Frauenbewegungen in den 1970er und 80er Jahren macht zudem greifbar, mit welchen visuellen Strategien sich Feminist*innen für bessere Arbeitsbedingungen und mehr Anerkennung, Solidarität und Diversität eingesetzt haben.
Die ungebrochene Relevanz und Notwendigkeit feministischer Kämpfe wird unter anderem in einer Sammlung von queerfeministischen Zines – selbst gestaltete, produzierte und vertriebene, magazinähnliche Publikationen – deutlich. Die rund 200 Zines wurden durch einen Open Call zusammengetragen. Die so entstandene, neue Zines-Sammlung ist nur einer von vielen Impulsen, die von der Ausstellung ausgehen und die Sammlung Grafik und Plakat nachhaltig verändern werden.
Die Ausstellung The F*** Word bildet den Auftakt einer Neuausrichtung der Sammlung und zeitgemäßer Ausstellungs- und Vermittlungsformate, geprägt von Neugierde auf bisher nicht erzählte Geschichten, spannende zeitgenössische Positionen und dem Wunsch nach Forschung und Vernetzung.