Eigentlich wollte ich diesen Februar nicht über den Black History Month schreiben. Eigentlich ist es doch lächerlich zu denken, dass es angebracht oder noch zeitgemäß wäre, die Black History auf einen Monat zu begrenzen. Im Umkehrschluss hören wir dann auch nur noch im Februar Blues, Hiphop, Soul und Reggae (just to name a few), oder? Ja nee, ist klar.
Jeder Tag ist gefüllt von und Teil Schwarzer Geschichte, die geprägt ist durch die unsäglichen Gräueltaten, die Kolonialmächte im Namen der sogenannten zivilisierten Welt verübten. Nehmen wir beispielsweise ein Datum aus dieser Woche, den 14.2., ja genau Valentinstag (dessen Ursprung eigentlich heidnisch ist, aber das ist eine Geschichte für ein anderes Mal).
Der 14. Februar 1779 war der Tag, an dem der englische Entdecker Captain James Cook den regierenden Häuptling Kalaniʻōpuʻu der Insel Hawaii entführte, um ihn im Austausch gegen ein gestohlenes Langboot festzuhalten. Ein Fehler, den Cook mit dem Leben bezahlen sollte. Dass Cook davor versucht hatte, um das Holz zu feilschen, das verwendet wurde, um die heilige „Morai“-Grabstätte der Eingeborenen einzugrenzen, die für hochrangige Personen und Darstellungen ihrer Götter verwendet wurde... was soll's!
Die bestürzten Häuptlinge weigerten sich logischerweise, das Holz abzugeben, was Cook dazu veranlasste, den Befehl zu geben, die Morai zu besteigen, den Zaun niederzureißen und die Boote mit dem Holz zu beladen. In unserer eurozentrischen Version wie beispielsweise auf history.de liest sich das dann so:
„Der große britische Entdecker wird am 14. Februar 1779 von den Einheimischen auf Hawaii ermordet. Cook besuchte zu diesem Zeitpunkt bereits zum dritten Mal die Inselgruppe im Pazifik.”
Sprung zurück zum 14. Februar in diesem Jahr, dem vorher oben angesprochenen musikalischen Kontext und der jetzt bereits legendären Halftime-Show des Super Bowls 2022, der dieses Mal in Los Angeles, Californien stattfand. Ebenfalls ein Datum, das Schwarze Geschichte schrieb und von den meisten Fans vor dieser Kulisse als würdige Hommage an den Black History Month verstanden wurde.
Zum einen wurden zum allerersten Mal in einer wahrlich epischen Besetzung so viele Schwarze Künstler:innen wie noch nie auf dieser Bühne zusammengebracht, darunter Mary J Blige, Kendrick Lamar, 50 Cent, Dr. Dre und Snoop Dogg. Zum anderen „took Eminem the knee“ und hielt sich den Kopf – eine in den USA und insbesondere im American Football hochaufgeladene und politische Geste, da sie an den (heute arbeitslosen) Quarterback und Aktivisten Colin Kaepernick erinnert. 2016 führte er während der Nationalhymne kniend Proteste an und weigerte sich mehrfach, während der Hymne vor dem Spiel aufzustehen, um auf Polizeigewalt und rassistische Ungerechtigkeit aufmerksam zu machen.
Und obwohl es jetzt doch vor allem um den Black History Month und nicht um die südafrikanische Aktivistin Zanele Muholi, deren Einzelshow noch bis zum 13. März im Gropiusbau zu sehen ist, ging, kann man dies als Geisteshaltung mit- und annehmen, wenn man sich mit der gesamten Bandbreite der fotografischen Praxis Muholis auseinandersetzt. Ihre Themen sind unter anderen Sexualpolitik, rassistische Gewalt, gemeinschaftlicher Widerstand und Selbstbehauptung.*
Wem das alles zu intensiv oder emotional und überwältigend ist, sei die freizugängliche ortsspezifische Installation des nigerianischen Künstlers Emeka Ogboh im Lichthof des Gropiusbaus ans Herz gelegt. Sie lädt nicht nur alle Besucher:innen mit skulpturalen und klanglichen Elementen (und Bier) zum Verweilen ein, sondern hat den ámà als Ausgangspunkt. Bei den Igbo steht das für den Dorfplatz. Also einen Ort, an dem Austausch stattfindet und Menschen sich verbinden. Menschen, die im besten Fall miteinander sprechen oder einfach nur zusammenkommen, unabhängig vom Monat und ihrer Herkunft, im Hier und Jetzt, dem einzigen Ort, an dem wir etwas ändern können.
*Triggerwarnung: Diese Ausstellung behandelt Themen im Zusammenhang mit geschlechts- und sexualitätsbezogener Diskriminierung, Hassverbrechen, Vergewaltigung und Rassismus. Sie enthält auch sexuelle Bilder.