Dauerhaft geschlossen!!!
Mittagessen:
Mittwoch - Freitag: 11.30- 15.00 Uhr
Abendessen:
Mittwoch - Sonntag: 18.30 - 23.30 Uhr
A Normal
Oderberger Straße 7
10435 Berlin-Prenzlauer Berg
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Bar Food klingt nach Oliven, Chips und gesalzenen Nüssen. Kleine Snacks, die in erster Linie verhindern sollen, dass einem der Alkohol allzu schnell zu Kopf steigt. In der Bar Normal gibt es hausgemachtes Focaccia, rauchigen Grünkohl und geschmortes Perlhuhn.
Bars gebe es rund um die Oderbergstraße viele, sagt Mit-Inhaberin Van Anh Le. Was fehlt, seien Orte, in denen man nicht nur gut trinken, sondern auch gut essen könne. Die junge Gastronomin kennt sich aus in der Berliner Food-Szene: Bis vor kurzem betrieb sie in dem Eckhaus an der Kreuzung Oderbergerstraße|Kastanienallee zusammen mit ihrem Vater das Van Anh.
Nachdem nun in den vergangenen Jahren immer mehr vietnamesische Lokale in der Gegend aufsperrten, beschlossen die Beiden, neue Wege zu gehen. Mit den runden Tischchen, schlichten Holzstühlen und dem mit kunstvollen Fliesen geschmückten Boden erinnert das Lokal ein wenig an ein französisches Bistro. Schummriges Licht und lebhafte Musik sorgen für die versprochene Bar-Stimmung. Denn ja, hier bekommt man beides: Nicht nur fantastisches Essen, sondern auch gute Drinks und erlesene Weine.
Ich starte prickelnd, mit einem flaschenvergorenen Pet Nat aus Tschechien. Dazu gibt es eingangs erwähntes Focaccia – es ist noch warm, knusprig und goldbraun gebacken – sowie Sauerteigbrot vom Café Frieda. Die beigefügte Butter wurde mit Kräutern und Öl aufgeschlagen, wodurch sie fluffig und unglaublich aromatisch wird.
Weiter geht es mit Bitterballen, ein in den Niederlanden beliebter Bar-Snack. Es handelt sich um kugelrunde Kroketten, die traditionell mit Hackfleisch gefüllt werden. Die Füllung dieser Kroketten erinnert eher an Püree, dunkel und cremig – die Erfindung der Fleischpraline! Das Geheimnis: Das Rindfleisch wird extra lange in Schweinebrühe gegart, die natürliche Gelatine macht es weich und cremig.
Diese als Snacks betitelten Kleinigkeiten geben die Richtung der weiteren kulinarischen Reise vor. Als nächstes bekomme ich eine spanische Tortilla, getoppt mit einem ordentlichen Klecks Chili-Mayo. Ein scheinbar simples Gericht, welches das Küchenteam der Bar Normal zur Perfektion bringt. Ich kenne Tortilla eher fest und kompakt – hier hat sie einen weichen, fast flüssigen Kern. Das Verhältnis aus Ei und Kartoffeln ist genau richtig und die Mayo sorgt für die nötige Würze.
Ich zwinge mich, nach der Hälfte aufzuhören (den Rest lasse ich mir für zuhause einpacken), um meinen Hunger aufzusparen. Meine Begleitung musste coronabedingt absagen. Dennoch bin ich fest entschlossen, so viel wie möglich von der Karte zu kosten, die sich für Liebhaber:innen guten Essens wie ein Gedicht liest.
Schon steht der nächste Teller vor mir: Angebratene Pilze auf schwarzer Mole, jener mexikanischen Soße, die in puncto Zutaten selbst jedes Ottolenghi-Rezept schlägt. Die Pilze, eine bunte Mischung verschiedener Sorten, haben Biss und ein schönes Röstaroma. Die Soße ist leicht süßlich, sauer und scharf im Abgang – die perfekte Balance aus Chilis, Gewürzen, Nüssen, Schokolade und all den anderen 30 bis 70 Zutaten, die eine Mole beinhalten kann.
Manche Speisen – wie Tortilla und Bitterballen – soll es das ganze Jahr über geben, anderes wechselt je nach Saison und Ideen der Küchencrew. Momentan ist die Karte noch winterlich geprägt. Da darf Grünkohl, ein Liebling der kalten Jahreszeit (und eines meiner Lieblingsgemüse), natürlich nicht fehlen.
In der Bar Normal kommt er kurz angebraten auf den Teller, ergänzt durch Mandeltahini und eingelegtes Wurzelgemüse. Auch dieses scheinbar einfache Gericht wird durch ein perfekt ausbalanciertes Spiel aus Röstnoten, Bitterkeit und Säure zum großen Genuss.
Die Teller in der Bar Normal sind nicht zu groß, sodass man problemlos mehrere Gerichte probieren kann. Am besten aber bestellt man gemeinsam und stellt alles in die Mitte. Der Vorteil meines Solo-Dinners: Ich muss nicht teilen und darf alles alleine aufessen. Der Nachteil: Nach Snacks und mehreren Vorspeisen bin ich (trotz meiner Zurückhaltung) gut gefüllt.
Dabei klingen auch die Hauptspeisen allesamt verlockend: Tuscan Bean Stew with Brussel Sprouts and Stracciatella. Orecchiette Alfredo with Cavolo Nero. Glazed Pork Neck with Carrots and Relish. Guinea Fowl with Orange and Rosemary. Letzteres, ein mit Orange und Rosmarin gebratenes Perlhuhn, packt mir die Chefin für zu Hause ein. Ebenso eine Portion des Kartoffelpürees, das mit knusprig gebratener Kartoffelschale getoppt ist.
Statt des Hauptgangs, rät sie mir, solle ich lieber noch ein Dessert probieren. Wenig später bringt sie mir das Churro Sandwich, das in den wenigen Wochen nach Eröffnung zum Bestseller avancierte. Wer schon mal in Spanien oder Südamerika unterwegs war, kennt sie als Straßensnack: Churros, diese frittierten Teigstäbe, die klassischerweise mit dicker Schokosoße serviert werden.
Der kolumbianische Küchenchef der Bar Normal hat daraus ein Sandwich kreiert, das – ich zitiere meinen daheimgebliebenen Freund (der laufend mit Dinner-Fotos versorgt wird) –„unverschämt lecker“ aussieht: Die Teigkringel werden frisch frittiert, mit Eiscreme gefüllt und auf Karamellsoße gebettet. Süß und fettig, heiß und kalt – was braucht ein Dessert mehr?
Eine schöne Idee für alle, die es nicht so süß mögen: Ein Stück cremiger Saint Marcellin Käse, der mit einem Glas Süßwein des jungen italienischen Weinguts Valdisole serviert wird. Denn auch die Weinauswahl in der Bar Normal gestaltet sich umfangreich und umfasst charakterstarke Tropfen von ausgewählten Winzer:innen. Traditionsbetriebe finden sich darunter, aber auch Newcomer wie das besagte Weingut Valdisole, das von zwei Quereinsteiger:innen gegründet wurde.
Daneben gibt es, wie es sich für eine Bar gehört, natürlich auch Cocktails und Longdrinks – von Klassikern (Negroni) bis hin zu ausgefalleneren Kreationen (Beer Americano). In dieser Bar aber sind die Speisen so gut, so meilenweit entfernt von den standardmäßig servierten Bar-Snacks und damit absolut NICHT normal, dass man auch einfach nur zum Essen herkommen kann.
Übrigens: Das Perlhuhn mit Kartoffelpüree, das ich tags darauf zu Hause aufgewärmt und mit meiner Schwester gegessen habe, hat natürlich ebenfalls wunderbar geschmeckt.