bs zum 10.Mai 2022
Under the Mango Tree
Merseburger Str. 14
10823 Berlin-Schöneberg
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Nachdem Buzz des Gallery Weekend 2022 ist erst einmal ausruhen angesagt, die zahlreichen Eindrücke wollen verarbeitet werden. Was bietet sich hier besser an, als eine kleine feine Galerie wie Under the Mangotree, die aktuell ein absolutes Juwel an Künstlerin zeigt: die völlig zu unrecht vergessene Irene Wedell (* 1939-2017). Zum Glück wurde die Ausstellung wegen der grossen Nachfrage jetzt bis zum 10. Mai verlängert.
Irene Wedell war eine äusserst vielseitige Künstlerin und vielschichtige, klargeistige und starke Frau, die während des zweiten Weltkriegs in Berlin geboren wurde. Sie hinterliess uns viele unterschiedliche Spuren, wie nun am Beispiel der aktuellen Ausstellung zu sehen ist. So ist es nicht nur möglich, Wedells Werken zu folgen, sondern mit dem Roman auch dem Lebensweg einer Künstlerin, die sich gegen familiäre und gesellschaftliche Widerstände behauptet hat.
Besonders ihre Unikatbücher sind wahre Schätze, eines von ihnen sticht unabhängig von der Ausstellung besonders heraus; Es hat den Titel „Meine Worte sind wie Sterne, sie gehen nicht unter“. Dieser Satz ist Teil der Rede des Häuptlings Seattle, die er vor Franklin Pierce hielt, dem Präsidenten der Vereinigten Staaten im Jahr 1855. Das 1986 erschienene Unikatbuch ist eine Kombination aus eben dieser Rede und Wedells Aquarell-Collagen. Einfach nur wow!
Die Kunsthistorikerin Constanze Musterer äußert sich über eben jene subtil durchdringenden Collagen folgendermaßen: „Studien und Vorarbeiten sowie die Bücher selbst zeigen, dass sie ihre Collagetechnik stetig verfeinerte und dabei die Grenzen zwischen Figuration und Abstraktion, zwischen Natur und Kultur immer weiter auslotete. Collagen und Aquarellzeichnungen begleiten Irene Wedell durch ihr künstlerisches Leben, das die als Kriegskind geborene Künstlerin in Berlin verbrachte. Oft sind ihre Arbeiten Resultate ausführlicher Recherchen, aber auch Experimente und Studien zu Themenfeldern…
... Die gegenseitige intellektuelle Verflechtung der Thematiken wird in der näheren Betrachtung ihres künstlerischen Schaffens offenbar. Die abstrakten Werke fungieren hierzu wie 'Reflexionsstücke', die in den Schichten Erfahrungen und Erinnerungen in sich zu tragen scheinen und den Freiraum für die nächste Explosion an Farben und Strichen einleiten. Zum großen Bedauern hat Irene Wedell ihre Werke nur selten datiert, so dass Entwicklungsprozesse nur spekuliert, künstlerische Ursprungsideen und deren Weiterverarbeitungen nur gemutmaßt werden können. Die Gestaltung der Künstlerbücher hat sie nachweislich in all ihren Schaffensphase beschäftigt.
Die großen Themen von Irene Wedell waren Pflanzen und Blumen sowie der weibliche Körper. Beide Kategorien hat sie jedoch nur selten miteinander bildlich verbunden, so sucht man in ihren freien Arbeiten Körper in einer schönen Waldlichtung oder Blumen als Accessoire einer Nackten vergebens. Sie fokussierte sich rigoros für ein Sujets. Ebenso entfernte sie sich von Parametern, Oberbegriffen und Allgemeinheiten: Die Künstlerin malt oder zeichnet keine Natur, Landschaften, Menschen oder Frauenakte, sondern löst ihr künstlerisches Interesse aus dem Zusammenhang heraus und verleiht ihm dadurch eine fordernde Präsenz mit individuellem Status im Bild.“
Die oft fehlende Datierung ihrer Werke tragen zum Mysterium dieser einzigartigen Künstlerin bei, aber manchmal muss man es eigentlich gar nicht so genau wissen, ihre Werke sprechen für sich – und gleich den Worten des Häuptlings Seattle: Sterne, nur eben in visueller Form die nicht untergehen, sondern am Firmament des Kunsthimmels ihre Bahnen ziehen… Danke Irene!