Nach einer langen, mir aber trotzdem zu kurzen Sommerpause, melde ich mich in meiner Lieblingsjahreszeit, dem Herbst, mit meiner Kolumne zurück. Ich wollte hier Schritt für Schritt beschreiben, wie mein neues Kochbuch entsteht. Und dabei ist mir ein Denkfehler unterlaufen. Ich habe mich quasi selbst überholt. Verrechnet. Das Timing fehlinterpretiert.
Das Buch, von dessen Entstehung ich hier erzählen wollte, ist seit 5. September 2016 im Handel. Es heißt Lovekitchen - Rezepte für 2. Oder: Was ich für Dich koche, weil ich Dich liebe.
Ich will also hier jetzt nicht so tun, als sei es noch nicht fertig. Sie wissen es nun. Es so ist, wie es ist. Ich finde, das bin ich Ihnen schuldig. Da stellt sich nun die Frage, wie geht es hier weiter? Mein Vorschlag: So als wäre nichts gewesen.
Ich schildere weiterhin die Entstehungs-Prozesse so, als würden sie gerade stattfinden. Egal, ob es zum Zeitpunkt des Schreibens gestimmt hat oder nicht. Im Moment des Lesens stimmt es ohnehin schon nicht mehr. Der einzige Unterschied ist, dass Sie es jetzt wissen. So oder so ist der Zeitfaktor im Fall dieser Kolumne verwirrend instabil.
Wenn ich also schreibe: Ich sitze an meinem Schreibtisch und schreibe diese Kolumne. Dann stimmt das. Wenn Sie es lesen, ist es eine Lüge. Ich sitze da längst nicht mehr. Oder wenn ich zufällig gerade, wenn Sie das lesen, doch an meinem Schreibtisch sitze, dann schreibe ich sicherlich nicht die Kolumne, die Sie gerade lesen.
Wenn ich schreibe, ich habe nächste Woche einen Termin beim Verlag, um zu besprechen, welches mein nächstes Buch wird, dann ist das genauso falsch und richtig. Richtig ist, dass es den Termin gab – nur liegt er nicht, wie von mir behauptet, in der Zukunft, sondern bereits, wenn Sie davon lesen, in der Vergangenheit. Die Frage ist jetzt nur jene: wie wichtig ist das? Mir ist es im Grunde egal – was zählt ist, ob ich die dahinterliegenden Prozesse der Entstehung eines Kochbuchs spannend schildern kann.
Dieses kleine Dilemma beschreibt eine essentielle Eigenschaft der Beziehung zwischen Schreiber und Leserschaft. Zwischen Macher und Betrachter. Der Autor weiß mehr. Er weiß längst, wer den Mord begangen hat – und beschreibt immer noch die Suche nach ihm. Der Regisseur weiß, wie der Film ausgeht – und erzählt die Geschichte dennoch so, als sei das Ende offen.
Die große Kunst der Kunst ist die Behauptung. Und Ihre große Kunst, liebe LeserInnen, ist es, mir zu glauben. Dafür gebührt Ihnen sowieso mal ein Dankeschön!
Also wir machen jetzt einfach gemeinsam weiter: Ich erzähle Ihnen, wie mein Buch entsteht – und zwar nicht als langweilige Nacherzählung sondern als freche Behauptung. Mein Telefon läutet, es ist meine Verlegerin. Da muss ich jetzt kurz rangehen, Sie entschuldigen! - Wahrscheinlich will sie mir das Ergebnis der letzten Verlagssitzung für die neuen Titel mitteilen.
Und tatsächlich! Die gesamte Belegschaft sei sich einig gewesen, sagt sie: Es soll lovekitchen werden. Das Buch über die Liebe. Das gefalle allen am Besten. Warum überrascht mich das jetzt nicht? Ich hätte trotzdem lieber die Jugendküche gemacht. Nun ist es aber die Liebe geworden – und so love it is!
Das nächste Mal: Die Dinge sagen einem, wie sie gemacht werden wollen.