Mittwoch bis Samstag ab 18 Uhr
Belly of the Beast
Wasagasse 28
1090 Wien-9. Bezirk
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Wie sie ihren Küchenstil beschreiben würde? Melanie Mudenda lacht: „Einfach lecker.“ „Einige Leute erwarten, dass es bei uns afrikanische Speisen gibt,“ sagt ihr Bruder Marvin, Küchenchef im Belly of the Beast. Sicher, manche der Gerichte seien von ihrer Heimat Simbabwe inspiriert, das gebeizte Beef Tatar etwa, das für ihn ein wenig nach Kindheit schmeckt, oder gewisse Zutaten, wie Gem Squash Kürbisse und Maniok.
Grundsätzlich kocht er aber einfach das, worauf er Lust hat. Er bäckt Injera, das in Äthiopien allgegenwärtige Sauerteig-Fladenbrot, mit heimischem Roggenmehl und füllt Cappelletti-Pasta mit zart geschmortem Huhn – eine Kombination, für die ihn manch ein:e Italiener:in wohl verdammen würde, wie er lachend sagt.
„Wir lieben gutes Essen und darum soll es hier gehen.“ Wir, das sind die drei Mudenda-Geschwister: Marvin in der Küche, Schwester Melanie, die sich ums Wohl der Gäste kümmert und Bruder Marcel, der als Sommelier für die trinkbaren Genüsse sorgt. Seine Frau Lisa ist fürs Organisatorische zuständig und die Tatsache, dass Sous-Chef Markus „mittlerweile adoptiert wurde“, macht das Farm-To-Table-Restaurant Belly of the Beast zu einem echten Familienprojekt.
Der kulinarische Grundsatz – „ich will mich nicht in eine Box pressen lassen“ – findet sich auch im Ambiente wieder: Bunt bedruckte Schürzen und großformatige schwarz-weiß Fotos von Zebras, Giraffen und Löwen erinnern an die Heimat der Geschwister (sie sind in Simbabwe aufgewachsen und mit Anfang 20 nach Wien gezogen), die Stühle wurden aus dem Beisl vom Vormieter übernommen und im Hintergrund läuft dezente Klaviermusik.
Das Belly of the Beast ist, anders als man es bei Namen („klang einfach gut“) oder Logo (ein Gorillakopf) vielleicht vermuten würde, ein ruhiges, zurückhaltendes Lokal. Schön, denn so kann man sich voll aufs Essen konzentrieren, das die beiden Köche in ihrer kleinen Küche im hinteren Teil des Restaurants zaubern.
Los geht es mit Banana Bread und Butterbrot – ersteres ist der Auftakt des veganen Menüs, das es neben jenem für „Omnivore“ gibt. Natürlich gibt es keinen Kuchen als Menüauftakt, sondern saftiges, mit Emmer gebackene Sauerteig-Focaccia, die zu kaltgepresstem Traubenkernöl serviert wird. Dieses Öl schmeckt so intensiv nach Banane, dass der Name Banana Bread diesen ersten Gang wunderbar beschreibt.
Wie die Focaccia ist auch das Roggenbrot, aus regionalem Waldstaudenroggen, hausgebacken und statt zu beschreiben, wie gut es geschmeckt hat, zitiere ich lieber meine französische Begleitung: „Me and bread,“ sagte er, „that’s a tough love story. But I really like this bread.“ Das müsse also etwas heißen!
Als nächstes gab es bereits erwähntes Beef Tatar, hier eben nicht klassisch roh, sondern gebeizt – könnte man meiner Meinung nach ruhig öfters so servieren. Ebenso das Fleisch, das von alten Milchkühen stammt, die stressfrei auf der Weide geschlachtet wurden. Die vegane Option: Fenchel und Favabohnen auf kleinen Kartoffel-Kamut-Pfannkuchen – heute ohne Bohnen, da es in den letzten Tagen zu kalt zum ernten war.
Saison und Wetterlage bestimmen das Menü, das sich mindestens zwölf mal im Jahr ändert, wie Koch Marvin erklärt. Manchmal auch ganz spontan – wenn das Wetter nicht mitspielt oder wenn „der Michi“ mal wieder zu viel Salat hat und fragt, ob sie ihn im Belly of the Beast nicht irgendwie verwenden können.
Michi, das ist Michael Kietreiber, der westlich von Wien sein biodynamisches „Grünzeug vom Feld“ anbaut. „Uns ist wichtig, dass wir all unsere Leute kennen,“ sagt Marvin. Sie sind im ständigen Austausch, experimentieren mit alten Sorten, planen auch immer wieder gemeinsame Events wie Brunch und Dinnerabende auf den Höfen ihrer Produzent:innen. Und sie stellen eben die Karte um, wenn zu wenig oder zu viel geerntet wurde.
Michis Salatherzen liegen nun mit cremiger Mayo aus Sonnenblumenkernen auf unserem Teller, obendrauf noch ein paar Wildkirschen, die Sous-Chef Markus frühs auf dem Weg zur Arbeit gepflückt hat. Von Landwirt Michi stammen auch die Chilis für die scharfe Soße, die zum geschmorten, süßlich gewürztem Lammfleisch serviert wird. Ein wunderbarer Kontrast zum säuerlichen Injera-Brot, in dem das Fleisch eingerollt ist. Und eine überraschende Kombination – wie auch der zarte Schweinebauch mit eingelegten grünen Tomaten („These pickled tomatoes… Oh là là!“) und die mit Huhn gefüllten Cappelletti.
Bei den veganen Speisen zeigt sich einmal mehr, dass Gemüse und Co. den tierischen Produkte in Sachen Aroma und geschmacklicher Bandbreite in nichts nachstehen, wenn man es richtig – und mit der selben Hingabe – zubereitet. Es gibt scharf angebratene Austernpilze (eine Umami-Bombe) auf Linsensalat, gefolgt von Karotten und Mangold „aus verschiedenen Terroirs“ – was für Wein gilt, gilt auch für Gemüse. Durch das Spiel mit Konsistenzen und Zubereitungsmethoden sowie die Verwendung sämtlicher Gemüseteile (das Karottengrün wird zu cremigem Pesto) entsteht aus einem simplen Produkt ein komplexes und geschmacklich vielseitiges Gericht, das für mich zu den Highlights des Abends zählt.
Mit auf der Liste auch die veganen Sauerteigpfannkuchen mit Haselnuss und Erdbeeren und das Earl-Grey-Eis, das es zum Victoria Sponge Cake gibt. Zum Dessert serviert uns Sommelier Marcel einen buttrigen Süßwein, der (wie auch die Weine davor), die Speisen des Bruders wunderbar ergänzt: Prickelnder Pet Nat Rosé zu Brot, Butter und Öl oder ein leichter Cuvée aus Furmint und Grüner Veltliner zu fettigem Lamm und grünem Salat. Jahrelang hat Marcel in Bars gearbeitet, bis „er ein Glas Riesling trank", das seine Liebe zu Wein entfachte.
Im Belly of the Beast steckt ganz viel Herz und Leidenschaft – das spürt man nicht nur in der Weinauswahl, sondern auch im unaufdringlichen, stets freundlichem Service und natürlich in den Speisen. Nur wenn etwas mit Freude zubereite wurde, könne es gut schmecken, meint Marvin. Die Küche sei sein „happy place“. Wer sein Essen probiert hat, glaubt es ihm sofort.