Als ich die quirlige Nicola Gold treffe, um sie über ihr Wortfachgeschäft auszufragen, bin ich sofort von ihrer Energie angesteckt und weiß nun gar nicht, wo ich anfangen soll, um sie zu beschreiben. Multitalent. Tausendsassa. Wirbelwind. Kreativ ist sie und vor allem beseelt von der Liebe zum Wort. Sie bewegt sich in sämtlichen Formen des Selbstausdrucks, war Tänzerin, ist Profisprecherin, liebt Improvisationstheater, hat Literatur und englische Sprache studiert – und blieb letztendlich beim Wort hängen. Und an der Frage: Wie übergebe ich das Wort?
Wie so oft kam ihr der Zufall zu Hilfe. Im Wohnzimmer eines guten Freundes entdeckte sie eine verstaubte Schreibmaschine, die lange keine menschlichen Finger mehr über ihre Tasten fliegen gespürt hat. Woher sie genau kommt, weiß niemand so genau. Erstanden hatte sie der Freund auf einem Flohmarkt in Genf, ihre Tastatur ist spanisch, amerikanisch ihr Name. Heute geht die Künstlerin fast nirgends mehr ohne ihre "Remington 7 Noiseless" aus 1931 hin. Die beiden wirken wie untrennbar miteinander verbunden, Nicoals Blick bekommt etwas Verklärtes, wenn sie von ihr spricht.
Ein bisschen habe sie sich mit der Schreibmaschine auch selbst überlistet, verrät die begnadete Improvisationsschreiberin. Denn sie sei Perfektionistin durch und durch. Doch die klassische alte Schreibmaschine erlaube kein "delete", kein Ausbessern, kein Umformulieren. Der erste Wurf muss sitzen. Und wie der sitzt! Dank ihrer Remington wusste sie nun, wie sie ihr Wort "übergeben" kann. Entstanden ist dabei die großartige Idee "Sag mir ein Wort, und ich schreib dir ein Gedicht". Und wie lautet wohl das Top-Wort? Natürlich Liebe, gefolgt von Freiheit!
Anlässlich einer Lesung in der Detailsinn Fotowerkstatt bin ich Nicola zum ersten Mal begegnet. Mitten im Raum saß sie an einem kleinen altmodischen Schreibtisch, vor sich ihr "Instrument", die Remington, und schrieb und schrieb. Plötzliche Gedankenblitze, Beobachtungen und Auftragsarbeiten brachte sie leichthändig und mit wachem Blick sehr scharfsinnig zu Papier. Ich hörte, wie ein Paar sich schwärmend für das unglaublich passende Gedicht zum Verschenken bedankte. Dabei hatten sie ihr nur ein Wort über den Zu-Beschenkenden zugeworfen. Und es passte. Wie eigentlich immer, so Nicola.
Natürlich waren auch ihre schon zum Kult gewordenen Orakelkarten mit an Bord. Wir zogen uns zwei davon aus dem reichen Fundus. Heraus kommen dann so feinsinnige Gedanken wie "manchmal blicke ich aus dem fenster und alles, was ich sehe, loest sich auf." oder "wie lange dauert sie noch, die zwischenzeit?". Sie orakelt von lustig bis philosophisch tiefsinnig, doch immer spontan, inspiriert vom Augenblick und vor allem authentisch. Die Orakelkarten sind seit Neuestem auch bei Supersense im "Artomaten", ein Automat für kleine Kunstgegenstände, erhältlich. Dort kann man ihre Gedichte sogar zu einer Flaschenpost umfunktionieren.
Nicola ist auch für Events zu haben. So erzählt sie begeistert von Hochzeiten, auf denen sie die Wünsche der Gäste in ihrer ganz eigenen Sprache verfasst. Die Atmosphäre beeinflusse sehr ihren Stil und so komme auch bei jedem Anlass etwas ganz Anderes heraus. Sie scheint sich gern selbst zu überraschen. Ob ihr Wortfachgeschäft einmal ein richtiges Gassenlokal wird, weiß sie noch nicht. Einerseits finde sie die Idee charmant, andererseits sei es für sie spannender, aktiv zu den Menschen und zu den Geschichten hinzugehen.
Das tut sie zum Beispiel als neue Co-Autorin bei Creme Guides. Darüber freuen wir uns sehr und sind schon gespannt auf ihre Geheimtipps in Wien. Herzlich willkommen, Nicola!