Im hessischen Dillenburg geboren und im nahe gelegenen Ewersbach aufgewachsen, begann Michael Hoffmanns Karriere als Koch zunächst ganz beschaulich. Schon früh hatte für ihn festgestanden, dass er nach der Schule etwas mit Lebensmitteln machen wollte, hatte er doch schon während seiner Kindheit leidenschaftlich viel Zeit im Garten und der Küche seiner Großmutter verbracht. Sie weckte beim traditionellen Einwecken und Kochen seine Liebe für gutes Essen.
Er entschied sich gegen Bäcker- und Metzgerhandwerk und machte eine klassische Kochlehre. "Das war damals noch nichts, womit man irgendwo Eindruck schinden konnte", gibt er zu bedenken. Er hatte keine Ahnung von Sterneküche oder Gastrokritikern und sei vollkommen unbedarft an das Ganze herangegangen. "Ich wollte einfach nur kochen", sagt er.
Nach der Ausbildung ging es dann nach Süddeutschland und die Schweiz, wo er bei einer seiner Stationen einen Koch traf, der bereits in einem Sternerestaurant gearbeitet hatte. Dessen Erzählungen machten in neugierig und er machte sich auf die Suche nach einer Stelle im gehobenen Segment. Das Restaurant Hilton Grill in München wurde seine erste Sterneküche. "Super spannend war das damals für mich. Etwas ganz Neues."
Kurze Zeit später erhielt er ein Angebot von Eckart Witzigmanns international bekanntem Restaurant Aubergine und nahm an. Harte Schule. Rauer Ton. Hoffmann erhielt super Angebote aus Italien und Frankreich und folgte am Ende einem Ruf an das Wald- und Schlosshotel Friedrichsruhe, wo er alsbald die Leitung der Küche mit 25 Köchen übertragen bekam.
Im Jahr darauf klopfte das Aubergine erneut an und er arbeitete für die kommenden zwei Jahre noch einmal als Sous-Chef dort. So schwierig Witzigmann war, von ihm habe er den Respekt vor dem Produkt gelernt: "Niemals sonst habe ich jemanden so ehrfürchtig mit Lebensmittel umgehen sehen. Das hat mich sehr geprägt", erzählt er.
Neben Witzigmann bezeichnet Hoffmann heute drei weitere Köche als sehr wichtig für seinen Werdegang: Sein Lehrmeister Manfred Weise sei die Wurzel von allem. Er habe die Saat gesäht. Lothar Eiermann vom Wald- und Schlosshotel beeindruckte ihn neben seiner Kochphilosophie vor allem auch mit seinem stets sehr gepflegten Äußeren. "Er kümmerte sich beinahe väterlich um mich und riet mir, als Sous-Chef ins Aubergine zu gehen, obwohl er mich wirklich gebraucht hätte."
Der letzte im Bunde sei Josef Viehhauser vom Le Canard in Hamburg. Bei ihm habe er sein Verständnis für Wein gelernt. "Er vertraute mir total und ließ mich das Le Canard ganz alleine schmeißen. Hier lernte ich, ein Restaurant aus der Küche heraus zu organisieren." Nebenbei verliebte sich Hoffmann auch in die Stadt, wechselte 1994 ins Restaurant Haerlin im Hotel Vier Jahreszeiten, wo er seine spätere Frau kennenlernte und holte das renommierte Sternerestaurant zielstrebig aus dem "Dornröschenschlaf".
Um die Jahrtausendwende herum erhielt er einen Anruf vom Hotel Fürstenhof in Celle. Die Familie Graf von Hardenberg wolle in Berlin ein Spitzenrestaurant eröffnen und möchte ihn als Küchenchef. Er verließ sein geliebtes Hamburg und sichtete an die 80 Locations, bis man direkt am Brandenburger Tor den geeigneten Standort für das Margaux fand. 2003 gehörte es ihm und wurde insgesamt 13 Jahre lang zu seinem Lebensmittelpunkt. Von Anbeginn wurde er dabei mit Auszeichnungen überschüttet: Michelin Stern, 18 Gault Millau Punkte, Koch des Jahres, Berliner Meisterkoch und und und.
Besonderes Aufsehen erregte er 2008 mit der Entwicklung seiner Gemüse-Menüs, die er auf Basis von erntefrischem Gemüse aus dem eigenen Garten kreierte. Er strich Stopfleber, Thunfisch und andere ethisch fragwürdige Produkte von der Karte und bot zukünftig nur noch zwei Menüs an: eines nur mit Gemüse und eines mit kleinen Anteilen an Fisch und Fleisch. Es dauerte lange, bis sich die reine Gemüse Version durchsetzte. Dann aber wurde sie sein Markenzeichen und er der Erste, der damit in der Spitzengastronomie Erfolg hatte.
Der Garten war fortan der Schlüssel zu allem: "Er hat mich geerdet und viel mit mir gemacht", betont Hoffmann. „Die Zeit dort war mir heilig." 2012 produzierte er die Staffel "Hoffmanns fabelhafte Welt der Gemüse" für den Fernsehsender Arte, für deren zehn Folgen er gemeinsam mit interessanten Menschen wie der französischen Pianistin Hélène Grimaud, dem Sänger Wolfgang Niedecken oder auch dem Reiseschriftsteller Helge Timmerberg kochte.
2014 schloss er das Margaux, nachdem er im Jahr zuvor die renommierte Bäckerei Soluna übernommen hatte. Er trennte sich von seinem Gemüsegarten und machte einen Ausflug in die Markthalle Neun, in deren "Kantine" er ein Jahr lang "ehrliche, zeitgemäße und preiswerte Gerichte" anbot. Heute ist er beratend in der Gastronomie tätig und arbeitet als Corporate Executive Chef für Hapag Lloyd, für deren Kreuzfahrtschiffe er neue kulinarische Konzepte entwickelt und etabliert. Dabei kommt er nebenbei in der ganzen Welt herum und kann sich in seiner Freizeit sogar seiner zweiten Leidenschaft, dem Fotografieren, widmen.
"Nun fehlt mir eigentlich nur noch ein charmanter Laden, in dem ich von Zeit zu Zeit wieder meine kulinarischen Geschichten erzählen kann", sagt er "aber auch das wird sich noch finden." Am Ende unseres Gesprächs verrät Michael Hoffman mir noch rasch seine zehn Lieblingsorte in Berlin, bevor es er sich wieder auf sein klassisches Rennrad von Peugeot schwingt und nach Kreuzberg radelt...
Spindler. In der Location am Paul-Linke-Ufer sei er häufig zum Frühstück oder Abendessen anzutreffen. Insbesondere die Frühstückskarte hält er dabei für außergewöhnlich gut und bezeichnet sie als eine der besten der Stadt. Der Koch mache auf ganzer Line einen tollen Job und gebe sich sehr viel Mühe im Detail, schwärmt Hoffmann.
Engelbecken. Das Restaurant am Lietzensee zähle seit Jahren zu seinen Stammplätzen. Ein Laden, der immer voll sei. Die Küchenchefin Marion habe schon vegan und vegetarisch gekocht, als noch niemand davon gesprochen habe. Bio-zertifiziert sei die Institution mit überwiegend alpenländischer Küche ebenfalls seit Jahren. Hoffmanns Meinung nach gibt es hier das beste Wiener Schnitzel der Stadt. Aber auch die hausgemachten Bratwürste, Maultaschen und der Leberkäs seien einfach spitze.
Molinari. Das kleine italienische Café Ecke Riemann- und Solmsstraße sei ebenfalls eine feste Instanz für ihn. Hier gebe es einfache aber gut gemachte Gerichte wie Pasta, Piadina und Pizza zum Lunch. Der Kaffee sei ebenfalls hervorragend. Hier sei es einfach "easy". Ruhig. Studentisch. Entspannt. "Da geh’ ich immer gerne hin", sagt er.
Flohmarkt am Arkonaplatz. Der kleine Markt in Prenzlauer Berg sei immer schön zum Gucken. Viele Retrodinge würde man dort finden und er habe schon Kuriositäten wie beispielsweise alte Saatgutbeutel aus der DDR dort erstanden. Nett fände er auch einen Künstler, der aus altem Besteck Kleiderhaken mache.
Vom Einfachen das Gute. In dem Feinkostladen auf der Invalidenstraße bekomme man den besten Schinken der Stadt, den er übrigens am liebsten auch immer gleich frisch vor Ort verzehre. "Da schmeckt er einfach noch besser, als wenn er schon zwei Tage im Kühlschrank gelegen hat". Aber auch alle anderen Produkte seien durchweg von herausragender Qualität.
Camera Work. Die Galerie für Fotografie in einem eleganten Hinterhof auf der Kantstraße besuche er immer wieder gerne. "Ich liebe das schöne Gebäude und das klare, cleane Innere. Ein inspirierender, meditativer Ort, der nicht so überlaufen ist, wie viele Museen."
Plänterwald. Einen Bogen müsse man um die Relikte des ehemaligen Vergnügungsparks machen, aber der Weg entlang der Spree sei vor allem am frühen Morgen, wenn noch niemand auf den Beinen sei, traumhaft schön. Hier gehe er immer mit seinem Hund spazieren. "Im Frühjahr duftet es dort intensiv nach Bärlauch. Einfach großartig!"
Tempelhofer Flughafen. Immer wieder fände er es faszinierend, sich beim Anblick des imposanten Gebäudes, dessen Geschichte zu vergegenwärtigen. "Schade nur, dass hier keine Flugzeuge mehr starten und landen", meint Hoffmann. Besonders beeindruckend sei die alte Haupthalle.
Hering Berlin. Das Geschirr von Stefanie Hering bezog Hoffmann bereits für sein Restaurant Margaux. Durchdacht und schön sei das, schwärmt er und er sei noch immer so begeistert davon, wie am ersten Tag. Gerade erst habe er in ihrem Flagship Store im Waldorf Astoria ein wunderschönes neues Asia-Dekor entdeckt.
Goldhahn & Sampson. Dieser kulinarische Concept Store sei einfach in all seinen Bereichen inspirierend. Ob Kochbücher, Essig oder eine der zahllosen anderen Spezialitäten, hier gebe es für ihn stets etwas Neues zu entdecken. In dem Laden stecke so viel Liebe zum Detail, da scheint sogar jede einzelne Tomate poliert zu sein. Ein bis zweimal in der Woche sei er mindestens dort und ihn überkomme gelegentlich sogar ein wenig Neid ob des gelungenen Konzepts.