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Kulturinarik Yes, we CAN oder Dosen im Bunker

Achtung, Trommelwirbel: Wir haben da was Neues. Eine Food Kolumne. Frisch gebacken und noch ofenwarm sozusagen. Erinnern Sie sich an die beiden Multitalente Marc Christian und Sven Kemmler aus dem Meatingraum? Sie sind es, die sich künftig an dieser Stelle auf höchst schmackhafte Weise über gutes – und vielleicht auch ab und an schlechtes – Essen auslassen werden. Es erwarten uns Gedanken ihres "kollektiven Ichs" zu saisonalen Lebensmitteln, Nachhaltigkeit, kulinarischem Suchen und Finden.

Wir sind uns sicher, dass das Ganze ein Leckerbissen wird. Und starten mit der ersten Folge Kulturinarik: Yes, we CAN oder Dosen im Bunker

Letztes Jahr war das. Im Sommer. Damals wurde regierungsseitig veröffentlicht, dass doch ein jeder Bürger sich um einen Dosenfutter-Notfallvorrat kümmern solle, um sich im "Fall der Fälle" abgeschnitten von der Außenwelt 14 Tage selbst versorgen zu können. Selbstverständlich wurde dieser Aufforderung direkt hinterher geschoben, dass es jetzt zwar keine Bedrohung im eigentlichen Sinn gäbe, aber es eben sicherer sei vorbereitet zu sein. Man weiß ja nie. Gell. Und tschüß.

Meine erste Reaktion: WTF?!? Was bitte soll denn jetzt das? Gefahrensituationsfrei einfach mal so einen Beutel (bzw. eine Dose) in den Raum zu werfen und dann nix weiter dazu zu sagen. Ja, liebe Freunde, habt Ihr sonst nichts zu tun?

Es folgten bei mir einige Runden rumpelstilziges Umhergeschimpfe über Panikmache, Ablenkung vom Wesentlichen, generellem Stuss und "Überhaupt!". Und es endete mit einer Sichtung der Empfehlungsliste, um mal zu sehen, was man denn da so bevorraten soll.

Diese Aufzählung liest sich unverändert wie die letzte Liste dieser Art, die regierungsseitig 1989 veröffentlicht wurde und die sich damals schon so las, als hätte man sie direkt aus den kulinarisch bedenklichen 50er Jahren übernommen. Ihr ratet uns also zur Bevorratung von Dosenmandarinen und Spargel aus dem Glas? Wer zahlt denn für das Schleudertrauma, das ich mir beim Kopfschütteln hole...

Nach der Kopfschüttelei kam dann der Trotz. Denn eigentlich spricht ja rein gar nichts gegen eine intelligente Vorratshaltung. Gerade im Sinne einer nachhaltigen und vernünftigen und dazu auch noch intelligent günstigen Ernährung. Ganz im Gegenteil, es ist absolut sinnvoll, Vorräte anzulegen.

Und in den Jahreszeiten, in denen die Gärten jede Menge frisches Gemüse und Obst liefern, einen Teil davon einzuwecken, einzukochen, einzulegen oder lecker zu fermentieren. Für genau die Zeit, in der eben keine frischen Gemüse aus der nächsten Umgebung zu haben sind. Absolut sinnvoll und absolut richtig. Nur eben rein gefühlsmäßig eine ganz andere Herangehensweise.

Ja, wir starten sofort. Wir füllen den Kühlschrank mit riesigen Gläsern Kimchi, dem Grundnahrungsmittel der Koreaner. Urlecker und furchtbar gesund. Und wir fassen den Vorsatz: Jeden Monat wollen wir zwei Lebensmittel, die genau in diesem Monat Saison haben, in leckerstmöglicher Form in Haltbarkeit bringen und zur Bevorratung abstellen.

Kann man dann verputzen, wenn die Saison vorbei ist. Zudem hat man immer was in der Hinterhand um was Selbstgemachtes zu verschenken, wenn wieder mal von einem Tag auf den anderen plötzlich Weihnachten ist. Oder eben doch der Notfall. So ergab sich aus der Genervtheit ein guter Vorsatz. Hurra!

Die zweite Überlegung leitete sich ab aus der fast schon schmerzenden Langeweile in der vorgeschlagenen Liste: Dosenthunfisch, Corned Beef, Bockwürstchen und Kalbsleberwurst. Alleine das Aufzählen macht müde.

Abseits von naheliegenden Bedenklichkeiten zur Kaufanregung einer hoffnungslos überfischten und bedrohten Spezies (nein, nicht das Corned ... es geht um den Thunfisch ... ) sind diese Empfehlungen von einer so schlimm spießigen Tristesse, dass die Stimmung im Überlebensbunker im Fall der Fälle eh in Richtung suizidaler Selbstvernichtung kippen muss.

Also habe ich kurzerhand eine Liste geschrieben, die viel mehr Spaß macht. Denn nur weil man Eingedostes isst, muss es ja noch lange nicht langweilig sein. Der Franzose zeigt wie es geht. Der dost nicht die Tristesse ein, sondern Dinge, die auch mal Spaß machen.

Und wegen der sinnvollen Erfindung von Europa, bekommt man mittlerweile sehr viel davon auch in unseren Supermärkten. Und wenn nicht, dann empfiehlt sich mal ein verlängertes Wochenende beim Gourmet-Nachbarn und ein entsprechender Einkauf.

Wenn man dann schon mal beim Einkaufen ist, kann man gleich noch einen anderen Missstand lösen: In der Original-Liste fehlt jeglicher Spaß im Glas. Wie bitte soll man einen ordentlichen Ernstfall ohne Wein oder Whisky überstehen? Und Entschuldigung: Wo ist denn der Gin Tonic zur aktiven Malaria-Prophylaxe? Durchdacht? Von wegen!

Nehmen Sie also sicherheitshalber mal noch zwei Kistchen Wein mit.

Ach so, ja ... die neue Liste. Die ist genau hier hinterlegt. So kann man damit nämlich was anfangen, dann klappt's auch mit den Bunkernachbarn.

Um zu beweisen, dass eine echte Katastrophensituation mit DIESER Liste im Bereich des Aushaltbaren wäre und der Untergrundstimmung zuträglich, zelebriert der Meatingraum am 28. Januar 2017 einen Abend nur unter der Verwendung dieser Zutaten.

Nach dem Motto "Yes we CAN – Essen im Bunker" genießen wir ein Dinner mit perfektioniertem Dosenfutter, zubereitet auf Campingkochern, serviert bei Kerzenlicht und angereichert mit literarischen Auslassungen sowie reichlich Getränken zum Moralerhalt.

Zu weiteren Infos und der Anmeldung geht es hier entlang.

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